Romkerhall
Geschichte der Königlich- Hannoveranischen- Kammergut- Staatsdomäne Romkerhall

David Georg Struben

Königlich Großbritannischer und Churfürstlich Braunschweig- Lüneburgischer Vizekanzler

Aus: Rechtliche Bedenken. Erster Theil.

Im Verlag der Herausgeber der besten Juristischen Werke, Darmstadt 1788 S. 85-86:


Um den feindlichen Anforderungen ein Genügen zu leisten, und dadurch die angedrohte Verheerung abzuwenden, mag eine Obrigkeit der Unterthanen Vermögen ohne deren Vorbewust und Willen dem Feinde liefern, welchenfalls nicht dieselbe, sondern diejenige, deren Habseligkeit dadurch gerettet wworden, die Eigenthümer der weggenommenen Sachen schadlos halten müssen.

Als die Franzosen 1758, bey ihrem Abzuge aus den Braunschweig-Lüneburgischen Landen, durch das Amt Springe nach Hameln gingen, und von dessen Eingesessenen unter den schärfsten Bedrohungen forderten, daß sie ihnen eine solche Menge Fourage liefern sollten, als sich daselbst nicht fande, brachten die Beamte in Erfahrung, daß Jemand im Dorfe Bölksen eine gute Quantität zusammen gekauftes Heu eingescheuret hatte, welches sie, ohne dessen Vorbewust, hinweg nahmen, und damit den Feind befriedigten. Der Eigenthümer forderte von ihnen dessen Ersetzung. Sie wurden aber von der Köigl. Hannöverschen Justizcanzlei losgesprochen, und der Kläger an die sämtliche Amtseingesessene, Befreyte und Unbefreyte, verwiesen, denen die Fouragelieferung befohlen, und von welchen dadurch, daß sie geschehen, die angedrohte militärische Execution abgewendet worden, jedoch den Beamten auferlegt, von selbigen, so fern sie deren Gerichtszwang unterworfen, Klägern zur Schadloshaltung zu verhelfen, auch die ihnen zustehende Action wider diejenige, denen ihre Vorkehrung Vortheil geschaffen, ihm, den Rechten nach, zu cediren. Der Entscheidungsgrund war dieser. Der Lex Rhodia de jactu findet seine Zueignung sowohl in dem Fall, wenn jemand das Seinige hergegeben, um von anderer Gütern die feindliche Verheerung abzuwenden, als wenn Sachen über Bord geworfen worden, um einen besorglichen Schiffbruch zu verhüten, und also die anderen zugehörige im Schiff befindliche zu retten (a). Die Lieferung des Heues qu. hatte den Feind bewegt, das angedrohte verderbliche Fouragiren und die gänzliche Verheerung des Amts Springe nicht ins Werk zu richten, mithin war selbiges allen Eingesessenen zum Besten abgewandt. Zwar verhaftet der Lex Rhodia, daß man den Magistrum navis, welcher die Waaren ausgeworfen, belange, und daher gewinnet es das Ansehen, als sey die Action wider die Beamte gegründet, und müßten selbige ihren Regreß gegen die Unterthanen nehmen. Aber mittelst dieser Action mag der Magister navis nicht gezwungen werden, den Kläger schadlos zu stellen, sondern er muß nur die Güter derjenigen, welchen zum Besten der Wurf geschehen, nicht verabfolgen lassen, bis sie zu ihrem Antheil den Werth der ausgeworfenen Sachen erlegt haben (b). Wäre solcher nicht von allen zu erhalten, so ist derselbe keineswegs schuldig, das Mangelnde aus dem Seinigen zuzuschießen (c), und gänzlich loszusprechen, wenn er erböthig ist, die ihm wider die Eigenthümer der geretteten Sachenzustehende Action demjenigen zu übertragen, dessen Güter ins Meer geworfen worden (d).


 



(a) LAUTERBACH de Aequitate & extenfione Legis Rhodiæ §. 21. STYRCK U. M. Tit. de Lege Rhodia §. 12. MULLER ad Struv. Ex. 20. §. 27. Lit. M.   LUDEWIG de sociis ſtipendiariis hoſti Cap. 3. §. 6. LEYSER Spec. 160. Med. 3.

(b) STRUV Ex. 20. §. 24.

(c) L. 2. §. 6. ad Leg. Rhod.

(d) L. 51. ff. de Peculio. VOET ad ff. Tit. de Lege Rhodia §. 11. Quoties enim quis tenetur & convenitur ob id tantum, quod contra alium habet actionem, liberator eam præſtando, & delegatio pro juſta præſtatione eſt. FABER in Rational. ad L. 51. de Peculio. BRUNNEMAN ad d. L. n. I.