Romkerhall
Geschichte der Königlich- Hannoveranischen- Kammergut- Staatsdomäne Romkerhall

Die Antwort der königlich hannöverschen Regierung auf die preußische Sommation am 15. Juni 1866.


Der Unterzeichnete hat die Ehre gehabt, die Note Sr. Durchlaucht des Prinzen zu Ysenburg vom heutigen Tage zu empfangen und deren Inhalt Sr. Majestät dem Könige, seinem allergnädigsten Herrn, zur Kenntniß zu bringen.

Der in der Sitzung des Bundestages vom 11. d. M. gestellte Antrag ist - wie der Unterzeichnete zunächst zu bemerken sich beehrt - in der Sitzung vom 14. d. M. mit solchen Modificationen angenommen, daß in dem gefaßten Beschlusse eine Feindseligkeit gegen Preußen nicht gefunden werden kann.

Die königlich hannöversche Regierung insbesondere hat in ihrer Abstimmung und in deren Begründungen, welche der königlich preußischen Regierung vollkommen bekannt sind, auf das sorgfältigste den bundesmäßigen Standpunkt strengster Parteilosigkeit festgehalten. Sie hat gegen die Mobilisirung der drei kaiserlich österreichischen Armeecorps gestimmt, um den Bunde seine vollkommen objektive Stellung zwischen den beiden streitenden Mächten zu wahren; sie hat ferner demjenigen Theile des Antrages nicht zugestimmt, welcher auf die den Bestimmungen über den Bundeskrieg entnommenen Maßregeln abzielte, und hat endlich die Vermittlung als den Endzweck aller Beschlüsse der Bundesversammlung ausdrücklich aufgestellt.

Sie hat aber freilich auf der anderen Seite die vor den Augen der Welt offen daliegende Thatsache nicht verkennen können, daß die innere Ruhe und Sicherheit des Bundes bedroht sei, und hat sich ebensowenig der bundesmäßigen Pflicht entziehen können, den zum Schutze dieser Ruhe und Sicherheit erforderlichen Beschlüssen zuzustimmen.

Wenn die königlich hannöversche Regierung hienach sich bewußt ist, nach genauester Erwägung und gewissenhaftester Prüfung der thatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse ihren Pflichten als Mitglied des deutschen Bundes gemäß gehandelt zu haben, wenn sie zugleich die Anerkennung glaubt beanspruchen zu können, die Wahrung des Bundesrechts mit der bundesfreundlichsten Rücksicht gegen die königlich preußische Regierung vereinigt zu haben, so hat der Unterzeichnete um so mehr überrascht sein müssen durch die Bedingungen des Vertrages, welche Se. Durchlaucht Prinz Ysenburg ihm mitgetheilt hat, und über welche derselbe die Erklärung der königlichen Regierung verlangt.
Die erste dieser Bedingungen geht darin, daß die königlich hannöverschen Truppen sofort auf den Friedensstand vom 1. März d. J. zurückgesetzt werden.

Der Unterzeichnete kann in Betreff dieses Punktes nur erklären, daß die königliche Armee sich durchaus nicht im Kriegszustande befindet. Sie hat nur die jedes Jahr üblichen Exerzitien in diesem Jahre früher als sonst vorgenommen, und der Unterzeichnete kann nicht glauben, daß in dieser einfachen Maßregel, bei welcher weder Pferdeankäufe noch sonst irgend welche Acte der Mobilisirung vorgenommen sind, eine Feindseligkeit gegen Preußen erblickt werden könne. Die königlich preußische Regierung ihrerseits aber wird gewiß nicht verkennen, daß die Zurücknahme einer an sich bedeutungslosen Maßregel unter den gegenwärtigen Verhältnissen ein schwerer Schlag für die hannöversche Armee sein würde, daß Se. Majestät, des Unterzeichneten allergnädigster Herr, einer solche Zumuthung sich niemals unterwerfen kann.

Die zweite Bedingung verlangt, daß Hannover der Berufung des deutschen Parlaments zustimme und die Wahlen dazu ausschreibe, sobald es von Preußen geschieht.

Der Unterzeichnete beehrt sich, in Betreff dieses Punktes darauf hinzuweisen, daß die Vorschläge zur Berufung eines deutschen Parlaments der Bundesversammlung zur Beschlußfassung vorliegen, und daß die königlich hannöversche Regierung, eingedenk ihrer Bundespflicht, eine vom Bunde abgesonderte Behandlung dieser für die ganze deutsche Nation so hochwichtigen und folgenschweren Angelegenheit nicht für zulässig erachten kann.

Wenn drittens Preußen dagegen Sr. Majestät dem Könige von Hannover sein Gebiet und seine Souveränetätsrechte nach Maßgabe der Reformvorschläge vom 14. d. M. gewährleisten will, so kann der Unterzeichnete in der That in den erwähnten Reformvorschlägen eine Garantie für die Souveränetätsrechte des Königs, seines allergnädigsten Herrn, nicht erblicken. Die Reformvorschläge vom 14. d. M. greifen so tief und so wesentlich gerade in die Souveränetätsrechte ein, daß sie einer Mediatisirung gleichen Erfolg besorgen lassen.

Wenn hienach der Unterzeichnete sich in der Lage erklären  muß, die von Sr. Durchlaucht dem Prinzen zu Ysenburg Namens der königlich preußischen Regierung ihm mitgetheilten Vertragsbedingungen abzulehnen, so kann er dabei nur auf das entschiedenste wiederholen, daß die königlich hannöversche Regierung sich bewußt ist, auf dem Boden des unanfechtbaren völkerrechtlich garantirten Bundesrecht zu stehen, und daß das Festhalten an diesem Rechte nach ihrer Ansicht der königlich preußischen Regierung keine Veranlassung bieten kann, das Königreich Hannover als im Kriegszustande mit Preußen befindlich zu betrachten.

Die königlich hannöversche Regierung hält unabänderlich daran fest, daß das Bundesrecht den Krieg zwischen Bundesgliedern verbiete, und sie wird daher keine kriegerische Maßregel gegen die ihr verbündete königlich preußische Regierung vornehmen, solange ihre Grenzen nicht angegriffen werden.

Zu einem solchen Angriff aber kann die königlich hannöversche Regierung auch bei der gegenwärtigen Spannung der Verhältnisse in Deutschland weder einen Rechtsgrund noch selbst eine politische Veranlassung finden, und mag auch jetzt der Hoffnung nicht entsagen, ihre bundesfreundliche Gesinnung und deren stets erfolgte Bethätigung von der königlich preußischen Regierung anerkannt, und das bisherige, für beide Regierungen werthvolle, nachbarliche Verhältniß erhalten zu sehen.

Indem der Unterzeichnete Se. Durchlaucht den Prinzen zu Ysenburg ersucht, die vorstehenden Erklärungen zur Kenntniß seiner Allerhöchsten Regierung zu bringen, benützt er &c. &c,

Hannover, den 15. Juni 1866

(Gez.) Platen-Hallermund