Anlage B.
Erklärung des königlich hannöverschen Obersten und General-Adjutanten Dammers auf die vorstehende Darlegung des herz. koburgischen Ministers v. Seebach Erklärung.
Erklärung
Diejenigen Thatsachen, welche in meinem Briefe an den Generallieutenant von Ahrentschildt vom 20. September 1866 angeführt sind, kann ich beeidigen.
Rücksichtlich des mir abschriftlich mitgetheilten Memoires des gothaischen Ministers Seebach d. d. 4. Juli 1866 habe ich folgende Erläuterungen zu geben, indem ich erkläre, daß ich jeden Augenblick bereit bin, meine untenstehenden Behauptungen und Erklärungen zu beeidigen.
1. Nicht nur dasjenige, welches mir am 24. Juni 1866 in Gotha vor Augen trat, sondern das Benehmen Seiner Hoheit des Herzogs, die anscheinend absichtlichen Verzögerungen und alle schon vor und beim Beginne der mir aufgetragenen Unterhandlungen stattfindenden Vorkommnisse machten auf mich den Eindruck, daß wir es mit einer Kriegslist zu thun hatten, und daß die Verhandlungen zu gar nichts führen konnten, als Zeit zu verlieren.
Es ist überflüssig, weiter auseinanderzusetzen, daß ich mich nicht irrte, denn es ist in der offiziellen Darstellung des preußischen großen Generalstabes, Seite 65, constatirt, „daß man in Berlin die Forderungen des Königs Georg V. für unannehmbar hielt, aber gern verhandeln wolle, um die hannoversche Armee erst mit überlegenen Kräften ganz zu umschließen, da der König von Preußen fest entschlossen war, jedenfalls und vor allen Dingen die hannöversche Armee unschädlich zu machen“. Ich weise aber noch besonders auf den Umstand hin, daß der General-Adjutant von Alvensleben in Groß-Behringen erklärte, der Vorschlag des Herzogs von Gotha sei unpraktisch, unausführbar und unannehmbar. Ich habe von Anfang an dieselbe Ansicht gehabt, gar kein Werth darauf gelegt, und erwähne nur noch, daß auch Se. Majestät der König schon am 24. in Seinem Brief an Seine Hoheit den Herzog von Gotha ausgesprochen hatten, daß Garantien nicht gegeben werden könnten.
2. Herr von Seebach war, wie er dieß in dem Memoire behauptet, bei meinem Empfange beim Herzoge und bei den ersten Verhandlungen nicht gegenwärtig, sondern er wurde erst gerufen, als wir uns über die Zeitdauer der Nichtverwendung der hannöverschen Armee nicht einigen konnten.
Ich habe die verschiedenen Reden des Herzogs, welcher mich in preußischer Uniform empfing und auf Grund meiner Vollmacht mit mir zu unterhandeln begann, durchaus nicht so aufgefaßt, als ob er nicht als preußischer General mit mir verhandeln wolle oder könne. Er sprach stets per wir, wenn von den preußischen Truppen, Stärken und Stellungen die Rede war; wir haben dieß und jenes bestezt; wir können Ihnen sehr wohl den Durchbruch wehren; wir haben u. s. w. Ich habe seinen Wunsch: „das bekannte Telegramm direct an Se. Majestät den König von Preußen von Preußen als Herzog von seinem Palais aus zu schicken“, nur so aufgefaßt, daß es eine Verstärkung und Abkürzung des Verfahrens sein sollte, weil die durch den General von Moltke gegangenen Unterhandlungen noch keine Antwort aufzuweisen hatten, und daß er zur Unterhandlung durch den preußischen Chef des Generalstabes keinen speciellen Auftrag habe; während ich stets erklärte, um 12 Uhr die Verhandlungen abbrechen zu wollen und abreisen zu müssen, da Se. Majestät der König die Operationen fortsetzen wollten. (Anmerk. I.)
3. Ich habe Sr. Hoheit dem Herzoge nicht gesagt, daß ich von Sr. Majestät dem Könige an ihn gewiesen sei, s. die Zeugenaussage des Majors Krause, wonach ich dem Obersten von Fabeck erklärte, umkehren zu müssen, wenn er mich nicht zu dem commandirenden preußischen General bringen könne. Von ihm wurde der Herzog von Gotha als die richtige Person bezeichnet, von ihm wurden wir dorthin geführt.
4. Die Stärke der hannöverschen Armee, welche sich immer vermehre, ist von mir, wie ich hinzusetzte, nach den mir zuletzt zu Gesicht gekommenen Rapporten auf 18,000 Mann, die Zahl der mitgeführten Geschütze nicht auf 56, sondern auf 52 angegeben.
5. Herr von Seebach stellt den Verlauf der Unterhandlungen so dar, als ob die Depeche über Abreise eines preußischen General-Adjutanten angelangt, und ich sodann auf Aufforderung des Herzogs mich bereit erklärte, abzureisen, um die günstige Disposition des Königs von Preußen dem königlich hannöverschen Hauptquartiere zu melden. Dies ist ein sonderbarer Irrthum, die Thatsachen jedenfalls vollkommen andere und zwar die folgenden:
Ich hatte meinen Wagen zweimal sehr bestimmt verlangt, um die Verhandlungen abzubrechen und abzureisen. Hierauf kamen Se. Hoheit der Herzog Selbst auf unser Zimmer, nachdem schon, wenn ich nicht irre, Herr von Seebach in gleicher Absicht da gewesen war, und suchte mich vergeblich zu überreden noch länger zu bleiben. Ich wies Se. Hoheit darauf hin, daß ich gleich Anfangs 12 Uhr als den Zeitpunkt zum Abbruche der Verhandlungen und zur Abreise bestimmt habe (Anmerk. II), da Seine Majestät die Operationen fortzusetzen wünschten. Während wir noch sprachen, kam (ich glaube) ein Offizier und flüsterte dem Herzoge ins Ohr, welcher dann sagte: „Sehen Sie, da kommt Antwort aus Verlin“.
Ich erklärte darauf, diese Antwort erwarten zu wollen, mein Wagen stand nun vor der Thür, wir beide Jacobi und ich (der Major Krause war schon früher abgeschickt) zur Abreise fertig. Die Depeche, welche alsbald gebracht wurde, war nicht eine Antwort, sondern die Ankündigung der Abreise des General-Adjutanten von Berlin.
Ich erklärte jetzt, dieß könne meine Abreise und den Abbruch meiner eigenen Verhandlungen gar nicht hinderm, jedoch habe ich zum Zurückweisen eines preußischen General-Adjutanten kein Recht. Zum Herführen desselben und zwar über Langensalza, ließ ich auf Ersuchen des Herzogs den Major von Jacobi zurück, welcher auf seine Anfrage von mir Befehl erhielt, etwa von Berlin ankommende Antwort ad referendum zu nehmen.
6. Es ist nun gesagt, ich hätte eine Waffenruhe abgeschlossen. Das Wort Waffenruhe oder Waffenstillstand ist überhaupt gar nicht gebraucht worden, von mir ist keine Waffenruhe, kein Waffenstillstand in Gotha abgeschlossen worden.
Die Gothaer schienen von unserer ursprünglichen Absicht durch Gotha zu marschiren, unterrichtet, hatten danach ihre Maßregeln getroffen und waren offenbar vor einem Angriffe auf Gotha sehr besorgt. Ich habe sie in aller Maße in dieser irrigen Meinung zu bestärken gesucht, wie dieß meine Pflicht war, und habe versprochen, Gotha solle bis zur Ankunft des preußischen General-Adjutanten nicht angegriffen werden. Es ist eben stets nur von Angriffen auf Gotha die Rede gewesen, während ich immer betonte, die Operationen könnten nicht eingestellt werden.
Daher vielleicht das unsichere Gefühl des Herrn v. Seebach und der Versuch Sicheres zu erlangen, daher auch vielleicht am späteren Nachmittage der Aerger, als sie ihren eigenen Irrthum bemerkten.
Wenn auf der fünften Seite des Memoires des Herrn v. Seebach im letzten Absatze hinter den Worten „kein Angriff“ noch „auf Gotha“ eingeschaltet wird, so enthält es die Zusage richtig, welche ich gemacht habe. Sie wurde meinerseits gemacht, weil Gotha überhaupt nicht angegriffen werden sollte, und es wurde von mir die letztere Bedingung wegen der Ankunft des Generals v. Alvensleben hinzugefügt, um die Täuschung sicherer zu machen.
(gez.) G. Dammers,
Oberst und General-Adjutant
Anmerkung I.
Ich bemerke noch, daß der Herzog sich erst nach einer abseits geführten Unterhaltung mit Herrn von Seebach entschloß das Telegramm von seinem Palais, also als Herzog abzusenden. Der Major von Jacobi wurde, nachdem er längst fort war, zu diesem Zwecke zurückgeholt und machte den Herzog selbst darauf aufmerksam, daß hierdurch mindestens ½ Stunde durch seine Schuld verloren sei, als ich später auf der Abreise bestand.
Anmerkung II.
Bei dieser Gelegenheit machte der Major von acobi Sr. H. den Herzog auf die durch ihn veranlaßte Verzögerung aufmerksam.
Fortsetzung des Textes: Anlage C
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