Romkerhall
Geschichte der Königlich- Hannoveranischen- Kammergut- Staatsdomäne Romkerhall

Dritter Abschnitt
Die Katastrophe


Es fragte sich nun, wie nach dem 14. Juni 1866 die Stellung der deutschen Staaten zu einander sich gestalten, oder praktisch gefaßt, wie Preußen diese Stellung anzusehen hatte und ansehen würde.

Wir ziehen es vor unsere Ansicht darüber nicht mit eigenen Worten zu entwickeln, sondern mit denjenigen des berühmtesten Staatsrechtslehrers der Neuzeit. Der Name gewährt den doppelten Vortheil, daß der Träger desselben ein Preuße in der höchsten Potenz, und daß er für preußische Parlamente u. s. w. in solchen Dingen eine Autorität ist. Es ist der preußische Minister v. Bismarck.

Herr v. Bismarck redete in Betreff der Ursachen, die es veranlaßt haben, daß Luxemburg nicht ein Mitglied des Nordd. Bundes ist, im Reichstage des Nordd. Bundes am 1. April 1867 folgende Worte (Stenogr. Berichte S. 489.). – Man wolle, um sich die Sache ohne weitere Ausführung klar zu machen, an die Stelle des Großherzogthumes Luxemburg jedes Mal substituiren: das Königreich Hannover. Eben dasselbe paßt für das Kurfürstenthum Hessen, das Herzogthum Nassau.

„Bei Auflösung und durch die Aulösung des früheren deutschen Bundes gewann jeder der an demselben betheiligten Staaten seine volle Souveränetät wieder, so wie er sie vor Stiftung des Bundes besessen, aber durch die Verpflichtungen, die er im Bundesvertrage freiwillig eingegangen war, beschränkt hatte. Nach Auflösung des Bundes genoß das Großherzogthum Luxemburg und sein Großherzog derselben Souveränetät europäischen Charakters, wie das Königreich der Niederlande und sein König.
Die große Mehrzahl der früheren Bundesgenossen, gleich Preußen, benutzten ihre Freiheit, um sofort auf dem nationalen Boden einen neuen Bund behufs gegenseitiger Unterstützung und Pflege der nationalen Interessen zu schließen. Das Großherzogthum Luxemnurg fand es seinen Interessen nicht entsprechend, denselben Weg einzuschlagen. Durch die Organe, welche uns innerhalb des Großherzogthumes und an seinen Grenzen zu Gebote standen, waren wir davon in Kenntnisß gehalten, daß eine entschiedene Abneigung, dem Norddeutschen Bunde beizutreten, in allen Schichten der Bevölkerung heimisch war. In den höheren und namentlich in den höchsten war sie getragen von einer deutlich ausgesprochenen Mißstimmung gegen Preußen und dessen Erfolge, in den unteren von einer Abneigung gegen die Uebernahme derjenigen Lasten, die eine ernsthafte Landesvertheidigung nothwendig mit sich führt.“

„Die Stimmung der luxemburgischen Regierung fand Ausdruck in einer Depeche, die im Oktober an uns gerichtet wurde, und in welcher sie uns nachzuweisen suchte, daß wir kein Recht mehr hätten in Luxemburg Garnison zu halten. Die königliche Regierung und ihre Bundesgenossen mußten sich die Frage stellen, ob es angemessen sei, unter diesen Umständen eine Einwirkung, oder gar einen Druck dahin zu üben, daß das Großherzogthum, welches dem Zollverein angehört, auch den Norddeutschen Bunde beiträte. Sie hat sich nach gründlicher Erörterung diese Frage verneint.“

Herr v. Bismarck fügt dann die beiden Gründe hinzu. Der eine ist, daß der Großherzog zugleich König der Niederlande ist, der andere die Nähe von Frankreich. Diesen zweiten und entscheidenden Grund erörtert der Staatsrechtslehrer Herr v. Bismarck mit folgenden Worten: „Die königliche Regierung hat sich ferner gesagt, daß vermöge der geographischen Lage und der eigenthümlichen Verhältnisse gerade des Großherzogthums Luxemburg die Verhandlung insbesondere dieser Frage einen höheren Grad von Vorsicht erforderte. Man erweist der preußischen Politik nur Gerechtigkeit, wenn an einer hervorragenden Stelle ausgesprochen worden ist, die preußische Politik suche die Empfindlichkeit der französichen Nation – natührlich, so weit es mit der eigenen Ehre verträglich ist – zu schonen. Die preußische Politik findet und fand zu einer solchen Politik Anlaß in der gerechten Würdigung der Bedeutung, welche die freundschaftlichen Beziehungen zu einem mächtigen und ebenbürtigen Nachbarvolke für die friedliche Entwicklung der deutschen Frage haben mußten.“

Die stenographischen Berichte melden nicht, daß auf diese Rede des Herrn v. Bismarck das in anderen Fällen für seine Kundgebungen übliche Bravo seiner Versammlung erfolgt sei. Es scheint danach, daß man die Selbst-Charakteristik des Herrn v. Bismarck in diesen Worten nicht zum vollen gewürdigt habe. Analysiren wir also dieselbe.

Sie läßt sich wesentlich auf drei Gedanken zurückführen. Der erste ist: Preußen hatte nicht das Recht, dem Großherzogthume Luxemburg den Eintritt in den Norddeutschen Bund aufzunöthigen. Der zweite ist: Preußen hätte es dennoch gerne gethan. Der dritte ist: Preußen wagte es nicht aus Furcht vor Frankreich.

Wenden wir dieselbe Gedankenreihe auf das Königreich Hannover an. Der erste ist: Preußen hatte nicht das Recht, dem Königreich Hannover den Eintritt in den Norddeutschen Bund aufzunöthigen. Der zweite ist: Preußen hatte aber große Neigung dieses doch zu thun. Der dritte ist: Preußen durfte es wagen; den Preußen war stark, Hannover war schwach, und die Hülfe einer anderen Macht für Hannover war nicht zu befürchten.

Dies ist der Kern der Dinge. Alles andere ist Phrase.

Es war jedoch noch ein Unterschied zwischen dem Königreiche Hannover und den kleinen norddeutschen Staaten. Herr v. Bismarck sagt mit einem leisen Anfluge des Hohnes, der bei dem Starken gegenüber dem Schwachen nicht ganz ungewöhnlich ist: die große Mehrzahl der Bundesgenossen habe, gleich Preußen ihre Freiheit benutzt, um sofort auf nationalem Boden einen neuen Bund zu schließen. Diese Art von Freiheit, derjenigen ähnlich, welche der friedliche Wanderer gegenüber der vorgehaltenen Mündung der Pistole besitzt, nämlich die Börse aus der Tasche zu ziehen und hinzugeben, ward garantiert durch die preußischen Bajonette. Aber Herr v. Bismarck wußte mit voller Sicherheit und Zuverlässigkeit im voraus, daß weder der König von Hannover noch sein Volke dieser Art von Freiheit, welche er durch die Sprengung des Bundes herstellte, in solcher Art „benutzen“ würden. Er wußte im voraus, daß der König die Aufforderung zum Eintritte in den preußischen Bund ablehnen, daß er und sein Volk für das Recht und die Ehre zu den Waffen greifen würden. Wenn sie dann, ungerüstet, ohne mächtige Hülfe, wie sie waren, wahrscheinlich unterlagen: so hatte Preußen, wenn überhaupt das große Glücksspiel gelang, noch dazu die Macht der Bestrafung durch die Aneignung. In diesem Falle aber wurde zunächst das Königreich Hannover tributpflichtig für den preußischen Krieg.

Am Morgen des 15. Juni überreichte der preußische Gesandte Print Ysenburg in Hannover eine Sommation. Das Wesen derselben ist: die Forderung der Vasallenschaft unter dem Könige von Preußen oder sofortiger Krieg. Der Gesandte war angewiesen ein Ja oder ein Nein als Antwort zu verlangen, und im Falle des Nein die Kriegserklärung auszusprechen. Ueberhaupt ist es sehr wichtig, gemäß der von Herrn Bismarck-Busch mitgetheilten *) Instruction für den Prinzen Ysenburg, zu constatiren, daß diese weitere Instruction nur für die Ablehnung der Sommation bemessen war, daß sie die Möglichkeit einer Annahme gar nicht in Rechnung zog.

*) M. Busch: das Uebergangsjahr in Hannover S. 40 und ferner.

Und hier nun müssen wir noch einen bedeutenden Schritt weiter gehen. Der König Wilhelm selbst, derselbe König, der am 18. Juni 1860 in Baden-Baden unaufgefordert betheuert hatte, daß er es für seine Pflicht halte die anderen deutschen Fürsten in ihrem Besitzrechte zu schützen, hat am 13. Juni 1866, zwei Tage vor der an Hannover gestellten Forderung der Vasallenschaft unter ihm, in einem eigenen und, wie es scheint, von keinem Minister gegengezeichneten Briefe, dem General Vogel v. Falkenstein die bestimmten Anweisungen ertheilt, wie dieser General das unvorbereitete Hannover zu überfallen habe.

Dieser Brief *) lautet wie folgt:

*) Entnommen aus dem Werke: Oesterreichs Kämpfe im Jahre 1866. Nach Feldakten bearbeitet durch das k. k. Generalstabs-Bureau für Kriegsgeschichte. Band I. S. 170.

„Sollte das Verhalten Hannovers bei der morgenden Abstimmung am Bundestage über den österreichischen Antrag Mich zur Kriegserklärung gegen erstgenanntes Königreich veranlassen, so werden Sie Meinen Befehl zum Einrücken in dasselbe auf telegraphischem Wege erhalten. Jch lege in diesem Falle die weiteren Operationen vertrauensvoll in Jhre Hand.“

„Für dieselben steht zu Ihrer Verfügung die 13. Division, welche Sie den Umständen gemäß und nach eigenem Befinden durch disponible Landwehrtruppen aus dem Bereiche Ihres General-Commandos verstärken können. Ferner steht am 15. d. M. bei Altona eine Division von etwa 14,000 Mann aller Waffen unter dem Gen.-Lieut. v. Manteuffel bereit, um mit Ihnen zu cooperiren, und ist der genannte General angewiesen, Ihre Befehle darüber entgegen zu nehmen.“

„Die Nachrichten über den Stand der hannöverschen Armee ergeben, daß dieselbe noch nicht in völliger Kriegsstärke und nicht völlig vorbereitet ist, sich auf höchstens 15,000 Mann aller Waffen beläuft, und sich theils bei Stade und Lüneburg, theils bei Hannover, Burgdorf und Celle versammelt. Außerdem scheint aber auch die etwa 4 – 5000 Mann starke österreichische Brigade Kalik bei Harburg verblieben zu sein. Es muß Ihnen überlassen bleiben, genauere Nachrichten über diese Verhältnisse einzuziehen.“

„Bei den von Ihnen zu unternehmenden Operationen wird es weniger auf Besetzung gewisser Punkte, als vielmehr darauf ankommen, die hannöverschen Truppen durch Entwaffnung oder durch Angriff auf dieselben außer Wirksamkeit zu setzen. – Sollte Ihnen bei Beginn der Operationen über eine Kriegserklärung zwischen Preußen und Oesterreich noch nichts bekannt sein, so haben Sie den etwa im Königreiche Hannover verbliebenen commandirenden österreichischen Offizier von dem Kriegsfalle zwischen Preußen und Hannover amtlich in Kenntniß zu setzen, damit er in der Lage ist, sich mit seinen Truppen dem thätlichen Confict entziehen zu können. Sollte derselbe demungeachtet in Verbindung mit hannöverschen Truppen sich an Operationen gegen Sie betheiligen, so haben Sie auch ihn als Feind zu behandeln.“

„Sie haben eintretenden Falles bei Ihren Operationen den Gesichtspunkt festzuhalten, daß durch ein schnelles Operiren Ihre Truppen sobald als möglich für Operationen auf einem anderen Kriegsschauplatze verwendbar werden.“

„Berlin, den 13. Juni 1866.“
„gez. Wilhelm.“


Die Gefühle, die beim Lesen eines solchen Briefes in jedem Hannoveraner aufsteigen, bedürfen keiner Schilderung. Jeder andere Unbetheiligte empfindet sie unmittelbar mit ihnen. Wir haben nur die sachlichen Irrthümer des Königs Wilhelm zu berücksichtigen. Der König Wilhelm scheint nämlich auch hier wieder merkwürdig ungenau unterrichtet gewesen zu sein.

Denn an demselben oder an dem folgenden Tage, an welchem er den General Vogel v. Falkenstein meldet, daß demselben zum Zwecke des Überfalles von Hannover das Manteuffel’sche Corps zur Disposition stehe, läßt die preußische Regierung bei der hannöverschen Regierung bundesfreundlich ansuchen, daß dieselbe in bundesfreundlicher Weise diesem Corps den Durchgang von Altona nach Minden verstatte. Die hannöversche Regierung willfahrte. Mit ihrer Erlaubniß standen am 15. Juni, den Tage der preußischen Kriegserklärung an Hannover, preußische Truppen in Harburg auf hannöverschem Boden.

Die Frage ist nun, ob anzunehmen sei, daß der König Wilhelm, der seinen Vetter, den König Georg, zwei Tage später zu überfallen gedachte, am 13. Juni genau gewußt habe, daß seine Regierung an diesem Tage die hannöversche Regierung bundesfreundlich bei sich aufzunehmen; oder ob der König Wilhelm über die Gründe der Anwesenheit des Manteuffel’schen Corps in Altona und Harburg mangelhaft unterrichtet gewesen sei. Nur das Eine oder das Andere ist möglich.

Es ist nicht zu verkennen, daß die bestimmte Angabe des Königs: der General Manteuffel habe bereits – am 13. Juni – seine Anweisung, nämlich diejenige der Gewalt gegen Hannover, mit der Annahme einer mangelhaften Information des Königs nicht wohl zu vereinen ist.

Demnach hätte dann der König Wilhelm sehr genau um alle diese Schritte gewußt, die nicht darauf berechnet waren, der Regierung von Hannover die Absichten der preußischen Regierung eher zu enthüllen, als bis sie alle Anstalten zur Durchführung derselben in bundesfreundlicher Weise vorbereitet hatte.

Es ist nicht zu leugnen, daß sich im Leben und Walten des Königs Wilhelm Parallelen dazu darbieten, und zwar sogar aus derselben Zeit. Am 7. April 1866 ließ der König Wilhelm von Preußen in Wien erklären: er hege keine Offensiv-Gedanken gegen Oesterreich. Am 8. April 1866 unterzeichnete dieser selbe König Wilhelm, nicht ein anderer, mit Italien, dem erklärten Feinde des deutschen Namens, das Offensiv-Bündniß gegen Oesterreich. Wiederum befahl dieser selbe König Wilhelm, nicht ein anderer, er, der Urheber des unendlichen Kriegsjammers, zwei Monate später den von ihm abhängigen Geistlichen der preußischen Staatskirche das Abhalten eines allgemeinen Buß- und Bettages für das „angegriffene“ Vaterland.

Die Entscheidung der Frage, ob die Möglichkeit eines Irrthumes, einer mangelhaften Information, hier noch statthaft sei, überlassen wir Anderen. Kehren wir zurück zu dem Briefe des Königs Wilhelm vom 13. Juni.

Anderseit nämlich scheint der folgende Inhalt des Briefes an den General Vogel von Falkenstein der Annahme der Realität des mannigfachen Irrthumes bei dem Könige Wilhelm günstig zu sein. Er sagt – und es ist hier abermals an das Datum zu erinnern, Mittwoch den 13. Juni 1866 – daß die hannöversche Armee „noch nicht in voller Kriegsstärke und nicht völlig vorbereitet ist.“ Nun aber war vorher, eben damals und später in ganz Deutschland notorisch, daß die hannöversche Armee nicht bloß nicht völlig, sondern gar nicht vorbereitet war, und auf dem Friedensfuße stand. Es ist sehr merkwürdig, daß der König Wilhelm allein in Deutschland das nicht wußte.

Ferner sagt dann der König Wilhelm: „Außerdem scheint aber auch die etwa 4–5000 Mann starle österr. Brigade Kalik bei Harburg verblieben zu sein.“ Es ist wiederum sehr merkwürdig, daß der König Wilhelm vielleicht der einzige Mann in Deutschland und Europa war, der diese politisch-militärische so höchst wichtige Thatsache nicht kannte, nämlich nicht wußte, daß am selben Tage, wo er dies schrieb, dem 13. Juni, schon ein starker Theil der Brigade Kalik das Königreich Hannover verlassen hatte, und der Rest am folgenden Tage es verließ. Und zwar geschah dies, ohne Berührung der Residenzstadt Hannover, auf dem kürzesten Wege. Wenn dem Könige Zeitungsnachrichten nicht zu Ohren kamen: so hatte er in Hannover einen Gesandten, dessen Eifer im Berichten wenigstens die Hannoveraner nie bezweifelt haben.

Eine freiwillige Fiction einer mangelhaften Information von Seiten des Königs Wilhelm könnte nur den Zweck gehabt haben, eben dadurch die Gefahr eines Angriffes von Hannover her zu fingiren. Eine Annahme solcher Art würde statthaft sein, wenn der Irrthum sich fände etwa in einer Proclamation des Königs Wilhelm an sein Volk wie z. B. in dem Befehle eines Buß- und Bettages für das „angegriffene“ Vaterland, oder, wie später bei dem Herrn v. Bismarck in einer Rede vor seinem Reichstag. Dagegen würde einem Generale gegenüber sich der König Wilhelm einen Zwang solcher Art wohl kaum angethan haben. Mithin bleibt nichts übrig, als auch hier die mangelhafte Information des Königs Wilhelm und die daraus entspringenden Irrthümer bei ihm als wirklich vorhanden anzunehmen.

Dagegen deutet, bei aller dieser mangelhaften Informationen des Königs Wilhelm, auch nicht ein Buchstaben senes Briefes an, daß der Krieg vermieden werden könne. Und freilich, dies war kein Irrthum.

Die Sommation war derartig verfaßt, daß in Berlin über die Ablehnung derselben von Seiten des Königs Georg V. kein Zweifel sein konnte.

Wer aber einem Anderen eine Forderung stellt mit der Voraussetzung der Nicht-Annahme, der Ablehnung, um dann nach dieser Ablehnung mit Macht über ihn herzufallen, hat auch im politischen Leben den vollberechtigten Anspruch auf den Namen, der im bürgerlichen Leben für ein solches Verfahren üblich ist.

Wir beklagen und bedauern die Unglücklichkeiten, die in ihrem Privatleben nach anderen Prinzipien handeln, nun gezwungen waren, als Werkzeuge und Vollstrecker dieses Verfahrens für dasselbe mit Blut und Leben einzustehen. Indem sie gezwungen wurden, fremdes Recht zertreten zu helfen, schädigten sie nicht minder das eigene, für die Gegenwart und für die Zukunft, für sich selber und für ihre Kinder.

Der König Georg V. lehnte ab. Sämmtliche Minister *) hatten für das Nein votiert. 

*) Herr Busch macht dazu die Bemerkung S. 42: „Auch Bacmeister, der dies später ableugnen wollte.“ Eine nähere Angabe, wann und wie Herr B. dies habe thun wollen, bringt er nicht. Deshalb werden wir diese Bemerkung, oder richtiger gesagt, diese so nebenher ausgesprochene Anklage der Lüge gegen Herrn B. einstweilen für einen Irrthum halten. Da der Name Bacmeister hier genannt ist, so mögen auch die anderen folgen: v. Brandis, Graf Platen-Hallermund, v. Malortie, Leonhardt, zur Zeit Justizminister in Berlin, v. Hodenberg, Dietrichs.

Es entsprach der Stimmung des gesammten Volkes. Die Zahl derer, die ihre Heimat dem Fremden zu überliefern sich willig erzeigten, war ein verschwindend kleiner Bruchteil.

Ueberblicken wir dagegen noch einmal kurz die gesammte Frage, ob das Königreich Hannover bei einer anderen Politik seine Selbstständigkeit hätte bewahren können.

Man sagt: Hannover hätte neutral bleiben, es hätte nicht mit Oesterreich gehen sollen.

Aber Hannover hatte nichts anderes erstrebt, als zunächst das Festhalten am Bundesrechte und für den Fall, daß thatsächlich der Bund sich auflöse, die Neutralität. Im Vertrauen darauf, daß Preußen ihm das bereits gemachte Anerbieten der Neutralität halten würde, hatte es nicht gerüstet.

Wenn die Regierung von Hannover irgend ein Vorwurf trifft, so ist es der, daß sie sich nicht hat überwinden können, die preußische Politik für so unwahr, so treulos, so gewaltthätig zu halten, als dieselbe nacher sich bewiesen hat. Aber wer immer diesen Vorwurf erheben will, der möge dabei des preußischen Königswortes vom 18. Juni 1860 nicht vergessen.

Und dann wolle man auch ein allerdings späteres Wort beachten, welches der Minister von Bismarck am 17. August 1866 dem Herrn von Hodenberg geanntwortet hat, wie man dieses aus der späteren Unterredung dieser beiden Herrn sehen wolle. Es lautet:

„Hätte Hannover früher gerüstet, so hätte daß Ihnen nichts genutzt, wir wären nur um so früher eingeschritten.“ 

Allerdings hat Herr v. Bismarck diese Worte gesprochen nach dem Erfolge der Waffen. Aber darum hat man noch nicht das Recht, zu sagen, daß er sie nicht ausgeführt haben würde. Vielleicht gar aus Gewissensbedenken vor diesem Bruche des Völkerrechtes? Man kann den Mangel vielleicht anderer Qualitäten bei Herrn v. Bismarck constatiren; aber in seiner Energie ist ein Zweifel ebensowenig berechtigt, wie einst an derjenigen des Kain. Ein Mann, der zum Vorwande seines Friedensbruches gegen Hannover die Anschuldigung der Zustimmung zu einem Antrage nimmt, den Hannover notorisch nicht angenommen, sondern verworfen hatte, ein Mann, welchem es dann gelungen ist, durch die energischen Mittel der Verbreitung diesen seinen Irrthum zu einem fast allgemeinen von Millionen zu machen: ein solcher Mann würde, wie es scheint, auch für einen andern Kriegsfall irgend welcher Art die erforderliche Erfindungsgabe und die Kraft der Verbreitung dieses seines Irrthums besessen haben.

Der Ausdruck: Hannover hätte nicht mit Oesterreich gehen sollen, beruht schon an sich auf einem Irrthume. Hannover ging nicht mit Oesterreich als Oesterreich, sondern es hielt an seiner Pflicht gegen den gesammten deutschen Bund, der Oesterreich mitumfaßte. Mit gleichem oder mit noch größerem Rechte würde man sagen: Hannover ging mit Bayern; denn – ich widerhole es – beide Regierungen stimmten am 14. Juni 1866 nicht für den österreichischen Antrag, sondern für den eigenen mittelstaatlichen, dessen Zweck auch noch in diesem letzten Augenblicke die Erhaltung des Friedens war, und der die Fortdauer des Friedens hätte sichern müssen, wenn nicht Preußen unwiderruflich den Krieg gewollt hätte.

Ja nicht einmal hat Preußen an Bayern und Hannover zugleich den Krieg erklärt. Es ist sogar sehr merkwürdig und wird doch nur selten beachtet, daß Preußen seine Kriegserklärung an Hannover, Sachsen und Kurhessen erließ sofort am 15. Juni, diejenige gegen Oesterreich erst am 21. Juni. Die Schrift des österreichischen Generalstabes über den Krieg von 1866 knüpft (S. 167) daran die Bemerkung: „Sei es, daß Preußen die zwischen den verschiedenen Kriegserklärungen liegende Frist zur Ausführung seiner gegen die erwähnten Staaten gerichteten Annexionsabsichten möglichst ungestört benutzen wollte, oder auch, um Oesterreich selbst zur Kriegserklärung zu verleiten, und dadurch vielleicht noch im letzten Augenblicke die ohnehin nicht sehr festen süd- und südwestlichen Regierungen in ihren Entschlüssen wankend zu machen.“

Die Richtigkeit dieser Bemerkungen dürfte nicht zu bezweifeln sein. Ebenso schwer aber dürfte in Berlin die Rücksicht auf die eigenen Unterthanen des Herrn v. Bismarck und seines Königs Wilhelm in’s Gewicht gefallen sein.

Es waren seit Monaten in Preußen fast unglaubliche Anstrengungen gemacht, vor dem guten Volke Oesterreich als Angreifer darzustellen, dasselbe Oesterreich, welches bis zur letzten Stunde noch glaubte, den Krieg vermeiden zu können, und welches, weil es sich nicht losmachen konnte von diesem Glauben, verzichtete auf die wichtigsten strategischen Vortheile, die es gehabt haben würde, wenn es nach den endlosen schmählichen Provocationen endlich thatsächlich zum ersten Angriffe geschritten wäre. Oesterreich handelte in ganz derselben Weise wie einst im September 1756.

Der Erfolg der Bemühungen des Herrn v. Bismarck, dieß Oesterreich, welches er zum Kriege zwang, als Friedenstörer hinzustellen, war damals, im Juni1 1866, ebenso gering, wie es einst derjenige des Königs Friedrich II. bei allen seinen Anfällen auf Oesterreich für seine Zeitgenossen gewesen war. Auch Friedrich II. hat in Betreff seiner drei Eroberungskriege von 1744, von 1756, von 1778 die Aufgabe, ihn, den Friedensbrecher, als den Bedrohten hinzustellen, der zur Notwehr habe greifen müssen, dem Nachwuchse der preußischen Historiker des Fridericianismus überlassen müssen. Es ist bekannt, mit welcher Rüstigkeit dieselben diese Arbeit auf sich genommen haben. Ebenso scheint auch der Herr von Bismarck für die kommenden Geschlechter sich auf diese schon jetzt genügende Rüstigkeit verlassen zu können. Leichter aber wäre sofort für den Herrn von Bismarck diese Umkehr des wahren Sachverhältnisses geworden, wenn Oesterreich den Krieg erklärt hätte. Und dazu hoffte der Herr von Bismarck es durch den Ueberfall der schwächeren Genossen des deutschen Bundes zu reizen. Es gelang nicht. Er selbst mußte vorgehen.

Kehren wir zurück zu Hannover und zu der Frage: ob Hannover durch eine andere Politik etwas hätte retten können.

Die Entscheidung lag auf dem Schlachtfelde von Königgrätz, nicht anderswo. Das Unglück dieses Tages hat über uns alle Deutsche den unendlichen Jammer der Gegenwart gebracht.

Das Königreich Hannover hätte am 15. Juni 1866 den Schein des Fortbestehens unter seiner eigenen Dynastie retten können durch die willige Dahingabe an Preußen, die Vasallenschaft, den Knechtsdienst im deutschen Bruderkriege für Herrn von Bismarck. Es hätte diesen Schein des Fortbestehens gerettet durch den Verzicht auf Ehre, Recht und Pflicht. Noch am 15. Juni war dieß möglich. König und Volk verzichteten nicht und ihr Entschluß erhielt bei Langensalza die Taufe des Blutes.

Auch der König und das Volk von Sachsen standen ein für Ehre, Recht und Pflicht. Auch über sie kam das Unglück. Dennoch rettete Sachsen den Schein des Fortbestehens unter seiner Dynastie.

Aber es ist hier Gewicht zu legen auf die Worte des Herrn von Bismarck in jener Unterredung mit Herrn von Hodenberg. Er nennt den Zustand des Königreiches Sachsen einen unhaltbaren.

Man wird dem Herrn von Bismarck nicht den Vorwurf machen können, daß er in solchen Dingen seiner Absicht nach unwahr sei. Der tiefere Sinn des Wortes unhaltbar ist demnach: Wir werden dahin trachten, bei gelegener Zeit auch diesen Schein der Selbstständigkeit von Sachsen zu vernichten. Wir werden König und Volk von Sachsen so lange drängen und quälen, bis sie völlig preußisch werden. Einstweilen schützt vor diesem letzten die Sachsen noch das Bewußtsein, daß sie auf dem Schlachtfelde von Königgrätz ihre Ehre rein und fleckenlos bewahrt haben, andererseits die Furcht der preußischen Politik vor Frankreich. So lange nämlich noch diese Furcht eine Schranke des Berliner Begehrungsvermögens ist.

Der König und das Volk von Hannover aber, wenn sie am 15. Juni 1866 vor der Drohung der Gewalt verzichtet hätten auf Ehre, Recht und Pflicht, würden jedes moralischen Schutzes entbehren. Wenn schon nach der Meinung des Herrn von Bismarck der Zustand in Sachsen ein unhaltbarer ist: so würde er es in Hannover doppelt gewesen sein. Die Vasallenschaft würde dort eher, als es in Sachsen dahin kommen kann, die Vorstufe geworden sein zur Annexion, dann freilich nicht durch raschen, kühnen Griff, sondern durch langsames Todtquälen.

Nicht so ist es geschehen. Hannover hat besser gethan. Es hat gehandelt nach Recht und Pflicht. Es hat seine Ehre gerettet, makellos und rein, und mit derselben und durch dieselbe die Hoffnung und die Zuversicht des Wiedererstehens.

Bereits am Morgen des 16. Juni überschritt der General Vogel von Falkenstein mit der Division Goeben die Grenze des Königreiches Hannover. Zugleich erließ er folgenden Armeebefehl:

„Hannover, Sachsen und Kurhessen, mit denen wir bisher in Frieden und Freundschaft lebten, haben auf Ansuchen Oesterreichs beschlossen, eine Executionsarmee gegen Preußen in’s Feld zu stellen. Es ist nicht unsere Sache, die Gründe dafür zu erforschen; aber selbstverständlich ist dieserhalb Seiner Majestät, unserem Allergnädigsten Könige, nichts übrig geblieben, als den übermüthigen Regierungen jener Kleinstaaten den Krieg zu erklären. Heute rücken wir nun als Feinde ein. Nichtsdestoweniger wollen wir es uns angelegen sein lassen, den ruhigen Landeseinwohnern gegenüber, denen diese Vorgänge gar nicht lieb sind, auch unserseits zu zeigen, wie wir es beklagen, zu einem brudermörderischen Kriege herausgefordert zu sein.

Soldaten des westfälischen Armeecorps! In diesem Sinne laßt uns den bevorstehenden Krieg durchkämpfen. Wir wollen unsern gegenwärtigen Feinden zeigen, daß eine mehr denn fünfzigjährige Freundschaft uns eine zu schöne Erinnerung zurückgelassen hat, um uns sofort zu rücksichtslosen Feinden umgestalten zu können.“

Es ist, wie in solchen Fällen üblich, die Sprache des oben am Bache stehenden Wolfes, der das unten stehende Lamm schilt, ihm das Wasser getrübt zu haben. Der Widerspruch heißt dann Eigensinn, Verblendung und zieht als Strafe nach sich die Vernichtung.

Von welchem schmerzlichen Gefühle ihrer unwürdigen Lage mögen die Unglücklichen durchdrungen gewesen sein, die bei vollem Bewußtsein des ungeheueren Unrechts, dessen Werkzeuge sie waren, gefesselt wurden durch die eisernen Bande der militärischen Disziplin, so sehr gefesselt wurden, daß sie wissend und sehend eine solche Anrede im Stile eines Suwarow an sich dulden mußten! – 

Dennoch wolle man bemerken, daß der officielle Bericht des preußischen Generalstabes bei dieser Gelegenheit sagt: „Auch die Generale v. Falkenstein und v. Beyer begannen ihren Instruktionen gemäß am 16. Juni ihre Operationen. Der Krieg war förmlich erklärt, das Vorgehen also völlig gerechtfertigt.“

Wozu diese letzte Motivirung? Wenn das Vorgehen völlig gerechtfertigt war, so bedarf es der Erwähnung nicht, daß es das war. Und noch dazu auf diesen fadenscheinigen Grund hin! Der gerüstete Starke hat dem nicht gerüsteten Schwachen den Krieg erklärt: diese Kriegserklärung rechtfertigt den gewaltthätigen Einbruch! – 

Irre ich nicht, so ist diese an solchem Orte überraschende Motivierung entsprungen aus einer letzten Gewissensmahnung. In dem Verfasser des Generalstabs-Berichtes hat sich das sittliche Gefühl geregt gegen den heillosen preußischen Friedensbruch. Er sucht dasselbe zu beschwichtigen durch die Berufung auf die formelle Kriegserklärung, und bringt im selben Augenblicke diesen seinen Versuch der Beschwichtigung zu Papier.

Ich wiederhole nicht die folgende Entwicklung der Dinge, den Zug des Königs Georg V., die treue Hingebung seines Volkes.

Die Sympathie aller derjenigen, denen recht und Ehre noch nicht zu bloßen Namen geworden sind, geleiteten König und Heer.

Aber wie hat es nur kommen können, so hat schon mancher gefragt, daß dieses Heer, nachdem es am 21. Juni von Göttingen aus aufgebrochen, am selben Tage nach Heiligenstadt, am folgenden nach Mülhausen, am dritten nach Langensalza marschiert, dort und in der Umgegend stehen geblieben ist? – Wie hat es kommen können, daß dieses Heer am 24. Juni bei dem schwach besetzten Eisenach oder dem kaum stärker besetzten Gotha nicht durchgebrochen ist, um sich den weg zur Vereinigung mit den Bayern zu bahnen?

Diese Frage, weil sie immer auf’s neue auftaucht, fordert eine eingehende Besprechung. 

Einer der ersten, der in dieser Frage, nachdem sie bereits der Geschichte anheimgefallen war, zu seiner Selbstvertheidigung und zugleich zur Anklage der Hannoveraner öffentlich mit seinem Namen auftrat, war der Herzog Ernst von Koburg- Gotha. Es geschah in einem Artikel der Allgemeinen Zeitung von Augsburg Nro. 260 vom 17. September 1866. Es folgten darauf zwei Entgegnungen, die eine von dem hannöverschen Obersten und Generaladjutanten Dammers in Nro. 268 derselben Zeitung vom 25. September 1866, die andere in Nro. 273 vom 30. September, ohne Namen, jedoch auch von hannöverscher Seite.

Beide Erwiederungen beleuchten Irrthümer des Herzogs, haben daher nicht hauptsächlich den Zweck, das gesammte Verhältniß vom 23/24. Juni positiv klar zu entwickeln.

Gewichtiger von Koburgischer Seite als jener Aufsatz des Herzogs selbst ist eine Darlegung des Ministers, Herrn von Seebach, niedergeschrieben bereits am 4. Juli 1866. Dieselbe steht mit jenem Zeitungsartikel des Herzogs mehrfach in Widerspruch. Es fragt sich also, wo die größere Glaubwürdigkeit sei. Zuerst der Zeit nach. Die Seebach’sche Darlegung ist nur reichlich acht Tage nach jenen Ereignissen niedergeschrieben, wo mithin alle Eindrücke noch frisch waren; der Zeitungsartikel des Herzogs beinahe ein Vierteljahr später, wo vielleicht nach der raschen Aufeinanderfolge so großer Ereignisse in jenen Tagen manches schon sich verdunkelt hatte. Auch die Seebach’sche Darlegung hat den Zweck der Vertheidigung des Koburgischen Verhaltens vom 24. Juni 1866, aber doch so, daß der Minister von Seebach einige Wochen später sie dem hannöverschen Major von Jacobi zu seiner Vertheidigung vor dem Kriegsgerichte zur Verfügung stellte, mit dem wiederholt ausgesprochenen Erbieten, den Inhalt eidlich zu erhärten. Der herzogliche Aufsatz dagegen ist eine Selbstvertheidigung, welche ohne den genügenden Nachweis der Provocation zu bringen, durch welche sie hervorgerufen sein will, das Gepräge der eigenen activen Provocation deutlich an sich trägt. 

Immerhin wird darum dieser eigene Artikel des Herzogs für das Kennenlernen der Ansichten desselben seinen Werth behalten; jedoch überall da, wo er mit der Seebach’schen Darlegung in Widerspruch tritt, für das thatsächliche Verhältniß einen solchen Werth kaum beanspruchen dürfen. Wir werden daher diesen Abweichungen nur geringe Beachtung schenken und müssen demjenigen, der vielleicht mehr Gewicht auf dieselben zu legen geneigt ist, es überlassen, aus der Vergleichung des Artikels mit der folgenden Darstellung die Irrthümer des Herzogs sich klar zu machen. Es versteht sich, daß damit nicht bloß gemeint sind die herzoglichen Irrthümer vom 24. Juni, sondern auch die vom 17. September 1866.

Die folgende Darstellung gründet sich auf die vergleichende Prüfung der officiellen hannöverschen Berichte mit der Darlegung des koburger Ministers Herrn v. Seebach. Leider hat ein kriegsgerichtlicher Spruch über den hannöverschen Major v. Jacobi nicht erfolgen können. Dagegen hat die Seebach’sche Darlegung auf hannöverscher Seite eine Gegenerklärung des Obersten und Generaladjutanten Dammers hervorgerufen. Derselbe ist ebenso erbötig, seine Aussage eidlich zu erhärten. Die Gerechtigkeit fordert daher, nicht bloß eine Darlegung zu geben, welche wesentlich auf diese beiden Aktenstücke sich stützt, sondern, für den Fall eines Irrthumes in dieser unserer Darleggung, beide Aktenstücke selbst als Anlagen beizufügen, und ebenso sie Aussagen des betheiligten hannöverschen Rittmeisters von der Wense (Anlagen A B C).

Während sich am 23. Juni 1866 das hannöversche Heer auf dem Marsche von Mühlhausen nach Langensalza befand, ward ein Hauptmann in koburger Uniform als Parlamentär gemeldet. Derselbe, Namens v. Ziehlberg, war als Parlamentär nicht genügend legitimirt. Er behauptete, von dem preußischen Obersten von Fabeck, der das koburg-gothaische Regiment kommandirte, im Auftrage des preußischen Generalstabschefs Moltke von Gotha aus nach Heiligenstadt an den kommandirenden General des hannöverschen Heeres abgesendet zu sein, mit der Forderung, die Waffen zu strecken, da die Hannoveraner von allen Seiten umstellt seien. Das Telegramm, welches er vorzeigte, war unterzeichnet „Moltke“, ohne Angabe des Charakters.

Diese Behauptung entsprach nicht der wirklichen Sachlage. Diese war im Gegentheil vorteilhaft für die Hannoveraner. Constatiren wir dieselbe gemäß dem offiziellen preußischen Berichte. Derselbe lautet: *)

*) Der Feldzug von 1866 in Deutschland. Heft I, S. 62. Mit demselben stimmt wesentlich überein der offizielle österreich. Bericht in: Oesterreichs Kämpfe im Jahre 1866 vom Generalstabs-Bureau Bd. I, 180, in der Note.

„Die Resultate der Bewegungen des 22. Juni waren übrigens für die Hannoveraner überaus günstig. Die Division Beyer stand zwei bis drei starke Märsche entfernt und war daher ebensowenig wie das Gros des Generals von Falkenstein im Stande, in den nächsten Tagen den abziehenden Gegner einzuholen, welcher nur noch das schwache Detachement des Obersten von Fabeck vor sich hatte. Auch am 23. Juni änderte sich die Situation nicht wesentlich.“

Der Inhalt des Telegrammes, welches der Hauptmann von Ziehlberg vorzeigte, hatte mithin den Zweck der Täuschung über den wahren Sachverhalt.

Daß die hannöversche Armee auf eine solche Aufforderung hin nicht die waffen strecken würde, war vorauszusehen. Aber warum denn machte man von preußischer Seite einen solchen Versuch?

Die Antwort findet sich ziemlich direkt ausgesprochen in jenem Werke des preußischen Generalstabes über den Krieg von 1866, in den Worten **) 

**) a. a. O. S. 69.

„Mit dem Momente, wo man im hannöverschen Hauptquartiere zuerst das Feld diplomatischer Verhandlungen betrat, war das Schicksal der Armee entschieden.“

Dies ist offenbar sehr stark ausgedrückt. Wir begnügen uns, aus diesem Satze den Gedanken zu entnehmen, daß die Anknüpfung von Unterhandlungen nach preußischer Ansicht durchaus in preußischem Interesse war. 

Daß das hannöversche Hauptquartier, welches rasch nach dem Süden drängte, aus sich Verhandlungen nicht beginnen würde, war vorauszusehen.

Von preußischer Seite mußte man also das hannöversche Hauptquartier dahin zu induziren suchen, daß es sich darauf einließ. Einen Anknüpfungspunkt dafür zu gewinnen, das war der eigentliche Zweck der Sendung des preußischen Hauptmannes von Ziehlberg in koburger Uniform.

Daß man im hannöverschen Hauptquartiere der Nachricht desselben über die Umstellung vollen Glauben beimessen werde, mochte man in Berlin und Gotha doch wohl nicht erwarten. Aber man hoffte dort, daß anderseits das hannöversche Hauptquartier auch die volle Unwahrheit jener Nachricht nicht kennen, und darum doch durch dieselbe etwas beeinflußt werden könne.

Der Befehl zur Absendung eines Parlamentärs war, dem vorgezeigten Telegramme nach, von Berlin aus ergangen. Der Hauptmann von Ziehlberg, welcher als solcher erschien, kam aus Gotha, der Residenz des Herzogs von Koburg, wo derselbe anwesend war. Er trug koburger Uniform. Mithin hatte man im hannöverschen Hauptquartier das Recht, anzunehmen, daß diese Sendung nicht geschehen sein könne ohne Vorwissen des Herzogs von Koburg. Wenn demnach auch sofort der Verdacht aufstieg, daß der Zweck der Ziehlbergischen Sendung eine preußische Kriegslist sei: so trat andererseits diesem Verdacht der Gedanke entgegen, daß der Herzog von Koburg als deutscher Fürst sich geweigert haben würde, seine Uniform als Beförderungsmittel einer solchen Berliner Kriegslist herzugeben.

Aber der Hauptmann von Ziehlberg war als Parlamentär nicht legitimirt. Es kann wohl kaum die Frage sein, daß dieser Mangel der parlamentarischen Formalitäten die Absicht seiner Absender war, und zwar dem Telegramme nach, nicht derjenigen von Berlin, um nämlich dadurch auf jeden Fall von hannöverscher Seite eine Rückäußerung hervorzurufen, die als Haken zum Anschlagen von Unterhandlungen benutzt werden könnte.

Der offizelle Bericht *) des hannöverschen Generalstabes beweist, daß diese Absicht Erfolg hatte.

*) S. 29 desselben.

Eben die mangelnde Legitimation des Hauptmannes Ziehlberg ist die Ursache einer Absendung von hannöverscher Seite, nämlich des Majors von Jacobi am Nachmittage des 23. Juni nach Gotha.

Vergegenwärtigen wir uns die Umstände, unter denen diese Absendung erfolgte. Die Thatsache, daß am 23. Juni Eisenach so gut wie gar nicht besetzt war, daß in Gotha nur wenige Bataillone unter dem Obersten Fabeck standen, daß mithin das hannöversche Heer an dem einen Orte wie an dem anderen die Bahnlinie, vielleicht gar ohne alles Blutvergießen hätte passiren können, daß es dann südwärts von Gotha oder Eisenach in den Defileen des Thüringer Waldes auch nicht einen preußischen Soldaten mehr gab, daß mithin der Verbindung mit dem Bayern, wenn etwa diese heraufrückten, gar kein Hinderniß entgegenstand – diese wichtige Thatsache war am 23. Juni im hannöverschen Hauptquartier nicht bekannt.

Man war dagegen dort am Morgen des 23. Juni der Ansicht, daß sowohl Eisenach als Gotha besetzt, daß der Durchzug dort ohne einen schweren Zusammenstoß nicht möglich sei. Diese Ansicht fußte zu einem bedeutenden Theile auf die Sendung des Hauptmanns von Ziehlberg in koburger Uniform mit seiner dreisten Forderung.

Am Nachmittage des 23. Juni bringt man dann in wahrscheinliche Erfahrung, daß, wie man glaubt, bei Gotha nur 5 Bataillone und 2 Schwadronen nebst Artillerie stehen. Diese Kunde ändert den bisherigen Entschluß, der auf Eisenach gerichtet war. Das Motiv ist, daß diese muthmaßlich bei Gotha stehende Macht geringer sei, als die muthmaßlich bei Eisenach stehende.

Erst am Abende des 23., und zwar nach der Absendung des Majors v. Jacobi nach Gotha, erlangt man durch eigenes Recognoeciren die Gewißheit, daß Eisenach völlig unbesetzt, daß ein Durchzug dort ohne alles Blutvergießen möglich sein. Demgemäß werden die betreffenden Entschlüsse gefaßt und der Brigade Bülow für den Morgen des 24. Juni sofort die Richtung auf Eisenach angewiesen.

Am selben Morgen des 24. Juni aber noch wird dieser Befehl einstweilen sistirt. Denn in der Frühe dieses Tages kehrt der am Nachmittage vorher nach Gotha hin entsendete Major von Jacobi zurück mit Nachrichten, die zur Wahrheit im selben Verhältnisse stehen, wie das am Tage vorher von dem preußischen Hauptmanne vorgezeigte Telegramm. Gemäß diesen Nachrichten sollte Gotha sehr stark besetzt sein. Die Täuschung über den wirklichen Sachverhalt, in welcher sich dieser Major von Jacobi befand, prägt sich zum klarsten aus in dem Telegramme, welches er bei seinen Berredungen mit dem preußischen Obersten von Fabeck am Abend des 23. Juni in Gotha zur Absendung nach Berlin aufgesetzt hatte. Dasselbe lautet: „Es möge einem hannöverschen Officier gestattet werden, sich von der Stärke der preußischen Truppen zu überzeugen, um zu constatiren, daß die hannöversche Armee in der That vollständig cernirt sei.“ Wir untersuchen nicht, auf welchen Grund der Major von Jacobi seine Ansicht und demgemäß seine Meldung aufbaute: genug, daß er sie vorbrachte.

Demgemäß ward, da die Bahn von Gotha nach Eisenach in preußischen Händen war, mithin die in Gotha stehende, nach der Aussage des Majors von Jacobi sehr starke Macht bald nach Eisenach geworfen werden konnte, im hannöverschen Hauptquartiere, wo man gern Blutvergießen vermieden sehen möchte, die Frage erhoben: ob nicht die Unterhandlungen in Gotha fortzusetzen seien. 

Aber bemerken wir auch hier wieder nachdrücklich, daß die Basis dieser Besprechung in der Morgenfrühe des 24. Juni eine irrthümliche ist. Es war für die hannöversche Armee kein Hinderniß des sofortigen Durchzugs, sei es bei Gotha, sei es bei Eisenach. Dennoch glaubten die Führer gemäß den Nachrichten von Gotha her annehmen zu müssen, daß ein solches Hinderniß bestehe. Die Fiction dieses Hindernisses war nicht lange haltbar. Ward sie hinweggenommen, ward sie erkannt als das, was sie war: so fiel eben damit auch jegliches Objekt einer Unterhandlung. Denn der Gedanke, daß die Hannoveraner über einen Durchzug, der frei und offen vor ihnen lag, noch unterhandeln sollten, war eine Absurdität.

Dem hannöverschen Kriegsrathe am Morgen des 24. Juni lag diese Fiction noch nicht als Fiction vor. In diesem Zustande der Unklarheit wurde der Oberst und Generaladjutant Dammers mit Vollmacht an den in Gotha commandirenden preußischen General, dessen Namen man nicht wußte, entsendet, und ihm der Major von Jacobi und der Hauptmann Krause beigegeben. 

Dieser Zustand der Unklarheit dauerte indessen nur wenige Stunden. Der Oberstlieutenant Rudo vom Generalstabe hatte inzwischen eine Recognoscirung vorgenommen, und dadurch die wirkliche Sachlage in eigene Erfahrung gebracht. Er kehrt zurück und berichtet dem Könige. Sein Bericht ist durchschlagend. Jeder Gedanke an Unterhandlung wird aufgegeben, das sofortige Vorrücken gegen Eisenach hin beschlossen. Zugleich wird der Rittmeister v. d. Wense nach Gotha hin entsendet mit dem Antrage an den Obersten Dammers und den Major Jacobi, alle Unterhandlungen abzubrechen und zurückzukehren.

So um 11 Uhr Morgens am 24. Juni. Die erforderlichen Befehle werden gegeben. Die Truppen setzen sich in Marsch. Die Brigade Bülow bildet die Avantgarde.

Unterdessen war der Oberst Dammers mit dem Major Jacobi und dem Hauptmann Krause des Morgens nach 9 Uhr vor Gotha eingetroffen. Dort erbot sich der Oberst von Fabeck, der sich als Commandant der Avantgarde bezeichnete, mit ihnen zu reden. Der Oberst Dammers erwiederte, daß seine Vollmacht laute an den commandirenden General, und daß er zu diesem geführt zu werden verlange. Der Oberst von Fabeck wies ihn an den Herzog Ernst von Koburg-Gotha. Der Wagen fuhr vor dem Palais des Herzogs vor.

Von dort schickte der Oberst Dammers den Hauptmann Krause zurück in’s hannöversche Hauptquartier, mit der an den König gerichteten Bitte, die militärischen Operationen nicht einzustellen. *) 

*) Man vgl. den officiellen hannöverschen Bericht S. 36 über die Meldung des Hauptmannes Krause im Hauptquartier.

Daß Ziel derselben, gemäß dem Beschlusse des Kriegsraths vom Abende vorher, Eisenach sei, war ja dem Obersten Dammers bekannt.

Der Oberst Dammers und der Major Jacobi begeben sich zu dem Herzoge.

Hier tritt nun sofort in den beiden Aussagen der Herren von Seebach und Dammers eine wesentliche Verschiedenheit hervor, die durch keinen Vermittlungsversuch auszugleichen ist. Die Worte des Ministers von Seebach lassen keine andere Deutung zu, als daß derselbe von Anfang an bei der Besprechung zugegen gewesen ist. Der Oberst Dammers erklärt bestimmt, daß der Minister bei den ersten Verhandlungen mit dem Herzoge nicht zugegen gewesen, sondern erst nachher herbeigerufen ist.

Der Oberst Dammers überreichte seine Vollmacht. Dieselbe, unterzeichnet von dem General Arentschildt, gerichtet an den commandirenden preußischen General, lautete dahin, daß der Oberst Dammers Vollmacht habe, die durch den Major Jacobi angeknüpften Unterhandlungen fortzuführen und eventuell zum Abschlusse zu bringen.

Die Adresse selbst der Vollmacht bewies die Unklarheit, in welcher sich der Unterzeichner derselben, der hannöversche General Arentschildt, über die Situation befand, und zwar in doppelter Beziehung. Sie setzte eine preußische Truppenmacht voraus, die ein General commandire. Sie kannte den Namen des letzteren nicht. Man hatte im hannöverschen Hauptquartiere als solchen den Herzog von Koburg vermuthet. Die Aussage des preußischen Obersten von Fabeck, der sich selbst Commandant der Avantgarde nannte, hatte den Obersten Dammers persönlich in dieser Vermuthung bestärkt.

Und hier nun wird die Verschiedenheit der beiden Aussagen, derjenigen des Ministers von Seebach und derjenigen des Obersten Dammers, sofort sehr wichtig. Wenn der Minister von Seebach bei dem Beginne der Verhandlungen nicht anwesend war, so wußte er das, was er darüber sagt, nur aus der Erzählung des Herzogs selbst. Demgemäß steht dann die Aussage des Obersten Dammers mit der Erzählung des Herzogs in scharfem Widerspruche.

Constatiren wir diesen Widerspruch.

Gemäß der Seebach’schen Darlegung oder der Erzählung des Herzogs hat derselbe vom Obersten Dammers erwiedert, daß er das Commando über die preußischen Truppen nicht führe, mithin als commandirender General nicht verhandeln könne; daß er sich aber, wenn dies in den Wünschen Sr. Majestät des Königs von Hannover liege, einer Vermittlung gern unterziehen wolle. Das heißt mit anderen Worten: der Herzog hat demgemäß seine Vermittelung angeboten als Herzog, als souveräner deutscher Fürst. Er hat dann als Motive hinzugefügt seine Sympathie für die hannöversche Armee und die Besorgniß für sein Land, welchem die Gefahr drohe, Schauplatz des Kampfes zu werden.

Dem gegenüber steht die nicht minder bestimmte Erklärung des Obersten Dammers. Nach derselben hat der Herzog in preußischer Uniform empfangen und die Vollmacht an sich genommen. Auf Grund dieser Vollmacht, die an den commandirenden preußischen General gerichtet war, hat der Herzog mit dem Obersten Dammers und der Oberste Dammers mit dem Herzoge unterhandelt. Der Herzog hat in Betreff der preußischen Truppen, der Stärke und der Stellung derselben immer den Ausdruck gebraucht: Wir. Er hat die Worte gebraucht: „Wir können Ihnen sehr wohl den Durchbruch nehmen.“ 

Dieser Widerspruch ist unlösbar.

Ein besonderes Moment darf jedoch dabei nicht unerwähnt bleiben. Diejenige Auffassung, welche die Erzählung des Herzogs für wahr hielte, also den Bericht des Obersten Dammers zurückwiese, würde dem letzteren nicht bloß einen Irrthum vorwerfen, sondern auch militärischen Ungehorsam und Ueberschreitung seiner Befugnisse. Die Vollmacht des Obersten Dammers wies ihn – darin sind beide Berichte einig – an den commandirenden preußischen General, nicht an eine andere Person. Diesen General hatte der Oberst Dammers zu erfragen. Ebenso wie er dem Obersten Fabeck antwortete, mußte er auch dem Herzoge antworten, wenn dieser ihm sagte, daß er, der Herzog, nicht commandirender General sei. That der Oberst damals dieses nicht, so lud er auf sich den Vorwurf des militärischen Ungehorsams, der Eigenmächtigkeit. Ferner würde die Zurückweisung des Berichtes des Obersten Dammers diesem Herrn einen kaum glaublichen Mangel an Einsicht beimessen. Wenn nämlich der Herzog in solcher Weise die Vollmacht beantwortet hätte, wie die Seebach’sche Darlegung sie ihn beantworten läßt, so bedurfte es überhaupt keiner Frage mehr, ob ein commandirender General da sei. Es lag dann offen vor Augen, daß der Oberst Fabeck, der sich als Commandanten der Avantgarde, den Herzog als commandirenden General bezeichnet hatte, selber der Höchstcommandirende war.

Diese eine Antwort aber hätte jeglichen Schleier der Täuschung zerrissen, hätte klar dargelegt, daß die preußische Streitmacht in und um Gotha in wenigen Bataillonen bestehe, die nicht hinreichten, den Durchmarsch der hannöverschen Armee zu wehren. Es lag aber im Interesse der koburgisch-preußischen Seite diese Täuschung. die bei dem Obersten Dammers, gemäß seiner durch den Hauptmann Krause an den König gestellten Bitte, bereits sich aufzulösen begonnen hatte, nicht mit einem entschiedenen Worte zur Unzeit zu zerreißen, sondern dieselbe, wo nur immer möglich, zu conserviren.

Wenn man demnach auch geneigt sein möchte, Aussage gegen Aussage als mit gleicher Kraft einander gegenüber zu stellen: so sprechen doch diese Momente, daß die Wahrheit der Aussage des Ministers Seebach den Obersten Dammers ungleich schwerer belasten würde, als die Wahrheit der Aussage des Obersten Dammers den Herzog belastet, – für jeden Standpunkt der Betrachtung zu Gunsten der Aussage des Oberst Dammers.

Eine beiderseitig constatirte Thatsache ist dann, daß Verhandlungen gepflogen wurden. Das Objekt derselben war der Durchzug der hannöverschen Armee unter Bedingungen für dieselbe.

Heben wir hier nochmals die Sachlage und das Verhältniß beider Parteien hervor.

Die wirkliche Sachlage war die, daß der Durchzug der hannöverschen Armee am 24. Juni nicht streitig gemacht werden konnte.

Das Verhältniß der Unterhändler von koburgisch-preußischer Seite zu dieser Sachlage war, daß sie dieselbe zum vollen kannten, daß sie dagegen die beiden Hannoveraner in Unkenntniß zu erhalten suchten.

Dieses Bestreben tritt in einzelnen Aeußerungen des Herzogs, die der Oberst Dammers anführt, sehr stark hervor, wie z. B. in den Worten: „Wir können Ihnen sehr wohl den Durchgang wehren.“ Der Minister von Seebach hat es sogar für zweckdienlich gehalten, in seiner Darlegung vom 4. Juli 1866 also zu einer Zeit, wo in keinem der betheiligten Hannoveraner noch ein Zweifel sein konnte, daß am 24. Juni ihnen nicht ein erhebliches Hinderniß entgegengestanden, – an diesem 4. Juli noch in eben derselben Weise zu reden, wie er am 24. Juni gethan. Der Oberst Dammers, sagt er, habe behauptet, die Eisenbahnbrücke bei Mechterfeldt sei in der Nacht gesprengt, die Lage der preußischen Truppen dadurch neuerdings wesentlich verschlechtert. Diese Behauptung sei als unrichtig zurückgewiesen. Wir zweifeln den Vorfall mit der Brücke nicht an. Wir bemerken nur, daß ein solcher Vorfall gegenüber dem großen Unterschiede der Streitkräfte sehr unerheblich war, und daß dessen ungeachtet der Herr von Seebach noch am 4. Juli so redet, als sei am 24. Juni das Verhältniß der preußischen Streitkräfte gegenüber den hannöverschen auch nur entfernt ein gleiches gewesen.

Dieses Verfahren des Herrn v. Seebach am 4. Juli 1866 hat nicht den Erfolg, die Glaubwürdigkeit seiner Darlegung über die Vorgänge am 24. Juni zu beseitigen.

Das Verhältniß der Hannoveraner zu der wahren Sachlage läßt sich gegenüber demjenigen des Koburger Herzogs ebenfalls mit wenigen Worten angeben. Es war im Allgemeinen dasjenige der ungenauen Kenntniß der Sachlage. Erörtern wir dieß jedoch im Einzelnen.

Das Telegramm, welches der Major von Jacobi zwölf Stunden zuvor, in Folge seiner Anwesenheit in Gotha und seiner Besprechung mit dem preußischen Obersten von Fabeck in der Nacht vom 23. auf den 24. Juni, nach Berlin entsendete, bewies seine völlige Unkenntniß der Sachlage.

Das Eintreffen des Obersten Dammers und seiner Begleitung am 24. um 9 Uhr Morgens that dem Obersten von Fabeck und dann dem Herzoge von Koberg abermals kund, daß diese Unkenntniß des Majors von Jacobi im hannöverschen Hauptquartiere wenigstens in so weit Erfolg gehabt habe, daß die Hannoveraner bis dahin noch die Unterhandlungen nicht abbrechen wollten.

Aber es lag offen vor – und man kann nicht oft genug das wiederholen – daß das Fortsetzen solcher Unterhandlungen von Seiten der Hannoveraner aus, der in Folge der Sendung des preußischen Hauptmanns von Ziehlberg in Koburger Uniform mit seiner dreisten Forderung begonnen hatte.

Der Herzog mußte sich die Frage vorlegen, ob auf die fernere Fortdauer dieses Irrthums zu rechnen, ob zu erwarten war, daß ein Heer von 19,000 Mann einen Tag lang vor einer lang ausgedehnten, schwach besetzten Linie stehen bleiben werde, bloß darum stehen bleiben werde, weil von Feindes Seite ihm die Behauptung zugekommen, daß sie stark besetzt sei. Daß bereits in den Vormittagsstunden des 24. Juni dem hannöverschen Hauptquartier die Wirklichkeit in Betreff Eisenach’s offen vorliegen würde, konnte der Herzog allerdings nicht positiv wissen; aber er mußte es vermuthen.

Und nicht einmal durfte der Herzog hoffen, den Obersten Dammers, der bei ihm war, ungeachtet der verschiedenen Betheuerungen, daß man im Stande sei, den Hannoveranern den Durchzug zu wehren, in der Täuschung zu erhalten, wenn anders diese Täuschung noch da war. Der Oberst Dammers hatte von Gotha aus den Hauptmann Krause sofort zurückgeschickt mit der Bitte um die Fortsetzung der Operationen. Ein Irrthum darüber kann deßhalb nicht obwalten, weil gemäß der offiziellen hannöverschen Darstellung der Hauptmann Krause diese Mittheilung ausgerichtet hat. Der Oberst Dammers hat dann, wie er in seiner Erklärung (Anlage B) behauptet, in Gotha dem Herzoge wiederholt ausgesprochen, daß der König die Operationen fortsetzen wolle, und daß er selber deshalb um 12 Uhr abreisen werde. Die Seebach’sche Darlegung erwähnt das nicht, auch stimmt der Gedankengang derselben nicht dazu, aber die Erklärung des Obersten Dammers stimmt folgerecht zu der unbestrittenen Thatsache der Sendung des Hauptmannes Krause und seines Berichtes im Hauptquartier. Die Chancen der Glaubwürdigkeit sind mithin auch hier für die Erklärung des Obersten Dammers.

Die Aussichten auf einen Erfolg für den Herzog waren mithin sehr gering. Er mußte erwarten, daß die erste nächste Kundgebung aus dem hannöverschen Hauptquartiere diejenige sein würde, daß die von Gotha aus dort künstlich erregte Täuschung über die Stärke der Preußen an der Bahnlinie als Fiction erkannt, und mithin auch die Basis, von welcher aus überhaupt man von hannöverscher Seite sich auf Unterhandlungen einlassen konnte, gefallen sei. Und selbst, wenn diese Kundgebung von dorther bis 12 Uhr nicht eintraf: so durfte der Herzog nicht hoffen, daß der Oberst Dammers, der immer klarer als den Grund der Sendung jenen Irrthum erkannte und darum von Anfang an den Entschluß gefaßt hatte, für die Ausführung des Befehles oder vielmehr für die Losmachung von demselben sich eine Frist zu setzen, diese Frist über 12 Uhr hinaus erstrecken werde. 

Die einzige Aussicht für den Herzog war, doch vielleicht noch Zeit zu gewinnen. Man unterhandelte.

Der Gegenstand der Verhandlungen war die Forderung des freien Durchzuges der Hannoveraner mit der Verpflichtung, ein Jahr hindurch nicht an den Feindseligkeiten gegen Preußen Theil zu nehmen.

Das in Folge dieser Beredung festgestellte, von dem Major von Jacobi unterzeichnete, an den General von Moltke in Berlin gerichtete Telegramm lautet, wie folgt:

„Auf die Aufforderung Sr. Hoheit des Herzogs von Koburg-Gotha, präcisirt der General-Adjutant des Königs von Hannover, der hier eingetroffen ist zum Abschlusse der Verhandlungen, die Depesche von heute Morgen dahin, daß die hannöverschen Truppen, wenn ihnen der Durchmarsch nach näher zu bestimmenden Punkten im Süden verstattet wird, ein Jahr lang sich verpflichten, nicht an den Feindseligkeiten Theil zu nehmen. In diesem Falle würde die in der letzten Depesche gemachte Bedingung bezüglich der Einsicht der Streitkräfte wegfallen.“

Von preußischer Seite hat man sowohl gleich damals, wie später die Forderung dieses Telegrammes für unannehmbar erklärt. *)

*) Vgl. die Aeußerung des Generals Alvensleben vom folgenden Tage in Anlage B und die offizielle preußische Darstellung: Der Feldzug von 1866 in Deutschland, Heft I, S. 65.

Nichts anderes kann der Oberst Dammers dabei gedacht haben. Denn er hatte am 24. Juni in Gotha von Anfang an bestimmt erklärt, daß er selbst, der Oberst Dammers, um 12 Uhr alle Verhandlungen abbrechen und zurückkehren werde.

Nicht minder aber blieb der Herzog bei seinem Plane, irgendwie Zeit zu gewinnen. Wenn es ihm darum zu thun war, irgend eine zustimmende Rückäußerung recht bald und zwar vor zwölf Uhr von Berlin zu erhalten: so that Eile noth. Der Major v. Jacobi ward mit dem Telegramme zum Bahnhofe entsendet. Dann, nachdem er fortgegangen, kam in dem Herzoge der Gedanke auf, daß es zweckmäßiger sei, wenn er als Herzog, als Souverän das Telegramm von seinem Palais aus entsende. Der Major von Jacobi ward zurückgeholt, das Telegramm auf’s neue so zum Bahnhofe gebracht. Der Major von Jacobi machte den Herzog aufmerksam, daß dadurch eine halbe Stunde Zeit verloren sei.

Wir entnehmen dieß der Erklärung des Obersten Dammers (in Anlage B). Die Darlegung des Ministers von Seebach (Anlage A) enthält nicht etwas, was damit in Widerspruche stünde.

Das Telegramm ging ab um 11 Uhr Morgens. Es war genau dieselbe Zeit, wo der König Georg V., nachdem im hannöverschen Hauptquartiere die Lage  der Dinge vollständig erkannt war, den Marsch auf Eisenach befahl und zugleich den Rittmeister von der Wense nach Gotha entsendete mit dem Auftrage, alle Verhandlungen für abgebrochen zu erklären und den Obersten Dammers und den Major von Jacobi zurückzurufen.

Es ging auf 12 Uhr. Der Oberst Dammers hatte bereits zweimal seinen Wagen gefordert. Der Herzog kam zu ihm auf das Zimmer und bat ihn, noch zu verweilen. Der Oberst berief sich auf sein von Anfang an gesprochenes Wort, um 12 Uhr abreisen zu wollen, weil es die Absicht des Königs sei, die Operationen fortzusetzen. Während man noch darüber redete, ward dem Herzoge die Ankunft eines Telegrammes gemeldet. „Sehen Sie“, rief der Herzog, „da kommt Antwort von Berlin!“ Der Oberst Dammers erklärte sich bereit, diese Antwort zu vernehmen. Sein Wagen stand fertig vor der Thüre. Er und der Major v. Jacobi waren zur Abreise bereit.

Das Telegramm war nicht die Antwort auf das um 11 Uhr von Gotha abgegangene, sondern es enthielt die Meldung, daß ein preußischer General-Adjutant auf einem Extrazuge unterwegs sei, „um die Befehle Sr. Majestät des Königs von Hannover entgegen zu nehmen.“

Man sieht, dieß Telegramm ist, trotz seiner höflich klingenden Worte, ohne alle verbindliche Kraft für die preußische Regierung. Es hat mithin nur die Absicht, hinzuhalten und zu verzögern.

Die beiden Berichte der HH. v. Seebach und Dammers spiegeln die abweichenden Ansichten beider Theile über das Telegramm wieder. In einer Beziehung scheint jedoch auch in Betreff des Berichtes der Thatsachen die Subjektivität des Herrn von Seebach die Oberhand erhalten zu haben. Der Herr von Seebach stellt die Sache so dar, als habe der Herzog den Obersten Dammers aufgefordert, abzureisen und das Telegramm zur Kenntniß des Königs zu bringen. Da der Oberst Dammers von Anfang an ausdrücklich erklärt hatte, um 12 Uhr abreisen zu wollen; da er vor der Ankunft des Telegrammes bereits zweimal seinen Wagen verlangt hatte; da dem Herzoge die Ankunft des Telegrammes gemeldet wurde, während er sich auf dem Zimmer des Obersten Dammers befand, um diesen zu längerem Verweilen zu bewegen; da endlich der Oberst Dammers erklärt hatte, der Inhalt dieses Telegrammes könnte seine Abreise und den Abbruch seiner eigenen Verhandlungen nicht hindern: so scheint hier ein bemerkenswerther Irrthum des Herrn v. Seebach obzuwalten. Jedoch fügte der Oberst Dammers noch eine Erklärung hinzu, nämlich die, daß er kein Recht habe, einen preußischen Generaladjutanten zurückzuweisen.

Diese Aeußerung ergriff der Herzog, um an dieselbe das Ersuchen zu knüpfen, daß der Oberst Dammers den Major von Jacobi in Gotha belassen möge, damit derselbe den erwarteten General-Adjutanten in’s hannöversche Hauptquartier führe. Der Oberst Dammers gewährte und schrieb für dieses Hinführen den Weg über Langensalza vor. Er ertheilte auf die Anfrage des Majors von Jacobi demselben die Instruction, eine etwa von Berlin ankommende Antwort auf das um 11 Uhr abgegangene, bis dahin nicht beantwortete Telegramm ad referendum zu nehmen.

Die Hoffnung des Herzogs zum Einwirken auf den Gang der Dinge, welche durch die Absicht der Abreise beider Hannoveraner völlig vereitelt schien, gewann durch das Dableiben des Majors von Jacobi wieder einen Anhaltspunkt.

Vor der wirklichen Abfahrt des Obersten Dammers ist dann noch in den letzten Minuten, nach der Behauptung des Herrn von Seebach, eine „Waffenruhe“ verabredet worden.

Mit dieser Behauptung steht die Erklärung des Obersten Dammers in einem wesentlichen Punkte im Widerspruche.

Nach der Darstellung des Herrn von Seebach hätte diese Verabredung gelautet, wie folgt:

„Der Oberst Dammers sichert zu, daß hannöverscher Seits kein Angriff erfolgen werde, bevor der General-Adjutant Sr. M. des Königs von Preußen in dem Hauptquartier Sr. M. des Königs von Hannover eingetroffen ist, vorausgesetzt, daß dieses Eintreffen sich nicht bis morgen verzögert.“

„Se. Hoheit der Herzog erklärt sich mit dieser Sistirung der Feindseligkeiten einverstanden und ertheilt die Zusicherung, daß die Zwischenzeit nicht dazu benutzt werden soll, neue Streitkräfte auf der Eisenbahn heranzuziehen.“

„Major von Jacobi bleibt hier, um den General von Alvensleben in das hannöversche Hauptquartier zu begleiten.“

Die Erklärung des Obersten Dammers erwidert, daß hinter den Worten: „kein Angriff“ einzuschalten sei: „auf Gotha“, und daß sie nur mit dieser Beschränkung die Worte der Seebachschen Darlegung als richtig anerkenne. Der Unterschied ist, wie man sofort erkennt, wesentlicher Art. Der Oberst Dammers fügt hinzu, daß das Wort: Waffenruhe oder Waffenstillstand überhaupt gar nicht gebraucht, daß von ihm keine Waffenruhe, kein Waffenstillstand in Gotha abgeschlossen sei.

Es steht hier Wort gegen Wort oder, wenn man lieber will, Eid gegen Eid. Prüfen wir also in Betreff der Glaubwürdigkeit die anderen in Betracht kommenden Momente.

Weder der officielle hannöversche, noch der officielle preußische Bericht des Feldzuges von 1866 enthalten über eine am Mittage des 24. Juni abgeschlossene Waffenruhe irgend eine Kunde.

Die Feststellung des Waffenstillstandes pflegt sofort zwischen den Parteien selbst schriftlich gemacht zu werden. Dieses ist hier nicht geschehen. Die Forderung der schriftlichen Festsetzung lag im koburgischen Interesse, nicht im hannöverschen. So weit die Berichte erkennen lassen, ist diese Forderung nicht erhoben. Wenn die Sache nicht schriftlich gemacht wurde, so lag es im Interesse koburger Seite, daß der Major von Jacobi als Zeuge anwesend war, damit nicht im etwaigen Falle es seinem guten Willen anheimgestellt blieb, ob er dem mündlichen Berichte des Gegentheils über den Abschluß einer Waffenruhe Glauben schenken wollte oder nicht. Die Forderung, daß der Major von Jacobi bei der Präcisirung anwesend sein müsse, ist von koburger Seite nicht gestellt.

Es ist dann die Frage, ob der Abschluß einer Waffenruhe dem übrigen Verhalten des Obersten Dammers entsprach.

Er hatte sofort nach seiner Ankunft in Gotha den Hauptmann Krause zurückgeschickt, mit der Bitte, die Operationen fortzusetzen. Dieß meldet, wie bereits erwähnt, der officielle hannöversche Bericht. Der Oberst Dammers hat dann, seiner Aussage gemäß, in Gotha wiederholt erklärt, daß sein König die Operationen fortsetzen werde. Er hat, um von dem ihm gewordenen, aus Irrthum entsprungenen Auftrage zur Unterhandlung los zu kommen, von Anfang an die Zeit 12 Uhr als den Termin bestimmt, wo er die Unterhandlungen abbrechen werde. Es ist während seiner Anwesenheit in Gotha von reichlich 9 Uhr bis 12 Uhr kein Ereigniß eingetreten, welches vernünftiger Weise ihn bewogen haben könnte, seine Entschlüsse zu ändern, ihn auf den zu Anfang geäußerten Wunsch der nachdrücklichsten Fortsetzung der Operationen verzichten zu lassen.

Ungeachtet also, daß in diesen beiden Darlegungen des Ministers von Seebach und des Obersten Dammers in Betreff der vermeindlichen Waffenruhe Eid gegen Eid steht, zwingen uns die anderen Momente, gegenüber der Erklärung des Oberst Dammers, der Darlegung des Ministers von Seebach die Glaubwürdigkeit zu versagen. Es ist dem ganzen Zusammenhange nach unmöglich, daß der Oberst Dammers vor seinem Abgange von Gotha um 12 Uhr am 24. Juni eine generelle Waffenruhe abgeschlossen haben kann.

Der Oberst Dammers selbst erklärt aber die Sache dahin, daß er versprochen habe, die Stadt Gotha solle einstweilen nicht angegriffen werden. Er konnte dieß mit gutem Gewissen deßhalb thun, weil ihm, nach dem Kriegsrathe vom 23. Juni Abends, bekannt war, daß die Stadt Eisenach das Ziel der Operationen sei. Seine Zusage aber eines Nichtangriffes auf Gotha mußte dem Herzoge und seinem Minister von Seebach als eine bedeutende Concession deßhalb erscheinen, weil sie in der Besorgniß eines solchen Angriffes lebten.

Angenommen nun aber auch, der Herzog und der Minister von Seebach hätten an die Verabredung mit dem Obersten Dammers in derjenigen Fassung geglaubt, welche der Minister von Seebach mittheilt: so ist die Frage, ob sie derselben gemäß gehandelt haben.

Gemäß der Darlegung des koburgischen Ministers von Seebach soll der Herzog von Koburg den Obersten Dammers am Morgen des 24. Juni empfangen haben mit den Worten, daß er, der Herzog, nicht das Commando über die preußischen Truppen führe; mithin als commandirender General der preußischen Truppen nicht verhandeln könne, daß er aber, und zwar demnach als Herzog, sich einer Vermittelung gern umterziehen werde.

Es ist bereits oben dargethan, daß dieser Bericht vor den Thatsachen nicht haltbar ist. Allein stellen wir uns auf den Standpunkt des Herzogs und seines Ministers, wenigstens desjenigen, den sie nach diesem eigenen Berichte eingenommen haben müßten.

Gemäß diesem Standpunkte konnten der Herzog und sein Minister für die preußischen Truppen eine Waffenruhe nicht abschließen, sondern nur vermitteln. Ein Abschluß ihrerseits ohne preußische Genehmigung war nichts bedeutend.

Speziell konnte der Herzog ohne diese Genehmigung nicht die Zusicherung ertheilen, daß die Zwischenzeit nicht dazu benutzt werden sollte, neue Streitkräfte auf der Eisenbahn heranzuziehen. Von einer nachgesuchten preußischen Genehmigung ist in der Darlegung des Herrn von Seebach keine Spur, sowie überhaupt nicht von irgend einem Schritte, den in dieser Richtung der Herzog von Koburg gethan hat, um etwa aus sich selber für die Zeit nach 12 Uhr preußische Truppenzüge zu sistiren.

Ueberhaupt haben diese Truppenzüge keinen Aufenthalt erfahren. Denn so lag es in der Natur der Dinge. Es bedurfte nicht einer höheren strategischen Einsicht, sondern der einfachen Combination des menschlichen Verstandes, daß man in Berlin alle Maßregeln dahin treffen werde, daß baldmöglichst eine stärkere Macht nach Eisenach oder Gotha sich sammeln könne. Für die Hannoveraner kam es, nachdem sie die Sachlage erkannt, eben so klar und einfach darauf an, schnell zu handeln.

Der Oberst Dammers war nach 12 Uhr Mittags von Gotha abgereist. Der Rittmeister von der Wense war um 11 Uhr aus dem hannöverschen Hauptquartier nach Gotha entsendet, um den völligen Abbruch aller Verhandlungen zu melden und beide Stabsoffiziere abzurufen. Er begegnet vor Gotha dem Obersten Dammers.

Denken wir uns das Gesammtverhalten des Obersten durch, so entsprach der Befehl, den er von dem Rittmeister von der Wense vernahm, seinem eigenen Wunsche. Er hatte den Major von Jacobi in Gotha zurückgelassen, nicht weil er selbst es wollte, sondern weil er glaubte, dem Herzoge die Bitte der Herführung des preußischen Generaladjutanten in’s hannöversche Hauptquartier durch einen Stabsoffizier nicht abschlagen zu dürfen. Der entscheidende Befehl des Königs zur Abberufung des Majors von Jacobi also mußte ihm willkommmen sein. Der Oberst Dammers schickte den Rittmeister weiter, damit er demselben seinen Auftrage ausrichte.

Von hier an wird die Darlegung des Ministers von Seebach über die Vorgänge in Gotha fast unsere alleinige Quelle.

Der Rittmeister v. d. Wense begab sich in Gotha nach dem herzoglichen Palais. Er richtete dort seine Meldung aus. In Betreff seiner Vollmacht läßt die am 4. Juli 1866 niedergeschriebene Darlegung des Herrn v. Seebach nicht erkennen, daß bei dem Herzoge selbst oder dem Minister damals auch nur der leiseste Zweifel aufgestiegen sei. Der Irrthum, den der Herzog darüber in N. 260 der A. A. Z. vorgebracht hat, ist mithin späteren Ursprunges. Aber sie knüpfen mit ihm eine Erörterung über den Zweck seiner Sendung an. Sie hielten ihm „das inzwischen Verhandelte“ entgegen. Daß einer von beiden Herren dem Rittmeister von der Wense gegenüber das Wort „Waffenruhe“ oder „Waffenstillstand“ gebraucht habe, geht aus der Darstellung des Herrn von Seebach nicht hervor, und wird von dem Rittmeister von der Wense (in Anlage C) entschieden verneint. Man sprach mit ihm von Unterhandlungen, von einer Uebereinkunft, ohne daß sich, dem Wortlaute des Berichtes des Herrn v. Seebach gemäß, klar erkennen ließ, worin diese Uebereinkunft bestand.

Dagegen lag es, nachdem diese Meldung des Rittmeisters v. d. Wense geschehen, dem Herzoge und dem Minister v. Seebach klar vor Augen, daß die Wolke der künstlichen Täuschung, welche seit dem Eintreffen des preußischen Hauptmannes von Ziehlberg in koburger Uniform, vom 23. Juni Nachmittags an bis in den Morgen des 24., auf dem hannöverschen Hauptquartiere gelegen, nämlich als ob der Durchzug der Armee verwehrt werden könne, oder nur erhebliches Blutvergießen erfordere, nun ganz und gar zerronnen sei. Die Meldung des Rittmeisters v. d. Wense ließ deutlich erkennen, daß der Durchzug nun unverweilt statt haben werde, nicht bei Gotha, sondern weiter westwärts, etwa bei Eisenach. Wenige Stunden später – und die ganze hannöversche Armee war außerhalb des preußischen Machtbereiches.

Einige Stunden zuvor hatte der Herzog, wie die Seebach’sche Darlegung berichtet, dem Obersten Dammers ausgesprochen, daß er Sympathie habe mit der immer als brav erprobten hannöverschen Armee, daß im Falle eines Zusammenstoßes sein eigenes Land und seine Unterthanen zu leiden haben würden. Diese Gründe hatte er geltend gemacht, um, nach der Sebach’schen Darstellung, sich den hannöverschen Offizieren als Vermittler anzubieten. Die Gründe waren menschlich natürlich, darum wahrscheinlich.

Im Interesse des Landes des Herzogs lag es, daß nicht dort eine Schlacht geschlagen wurde, sondern daß die Hannoveraner möglichst schnell hindurch zogen. Nicht diesem Interesse gemäß hatte bis dahin der Herzog gehandelt. Er wußte von Beginn an, daß der einzige Grund, der die Hannoveraner seit dem Nachmittage des 23. Juni abgehalten hatte vom sofortigen Durchzuge, der sie bewog zum Unterhandeln über das, worüber sie nicht zu unterhandeln brauchten, ihr Irrthum war. Der Herzog hatte, in seiner – nach der Darlegung des Herrn von Seebach – angebotenen Vermittlerrolle alles gethan, was er vermochte, um die Hannoveraner in diesem Irrthume zu belassen und zu bestärken. Der Herzog hatte mithin seine Vermittlerrolle, die er – nach der Darlegung des Herrn von Seebach – als deutscher Souverän den Hannoveranern angeboten, auszunutzen gesucht nur im preußischen Interesse.

Aber nun war die Wolke der Täuschung bei den Hannoveranern gefallen, und zwar gefallen ohne das Zuthun des Herzogs. Er hatte für Preußen mehr geleistet, als dieses vielleicht erwartet haben mochte. Eines Anspruches auf Dank von Berlin her war er sicher, auch wenn er von da an den Dingen freien Lauf ließ, wenn er die nach allem Kriegs- und Völkerrechte begründete Forderung des Königs von Hannover erfüllte, wenn er die Offiziere desselben frei ließ von dem moralischen Drucke, den er als Souverän auf sie übte.

Der Herzog Ernst von Koburg-Gotha stellte sich nicht auf diesen Standpunkt der völkerrechtlichen Pflicht.

Das Telegramm von Berlin her zur Antwort auf das um 11 Uhr Morgens von Gotha aus abgesendete stand in Aussicht. Jede Minute konnte es eintreffen. Unter diesen Umständen suchte der Herzog Zeit zu gewinnen.

Das erste Mittel dazu war, daß, anstatt den Befehl des Königs von Hannover, der mit Gründen dem Boten desselben gegenüber nicht anzufechten war, auch durch die That als einen solchen anzuerkennen, den die beiden Hannoveraner unverweilt auszuführen hatten, in dessen Befolgung sie nicht gehindert werden durften – anstatt dessen der Herzog und der Minister von Seebach im herzoglichen Palais den Rittmeister von der Wense in eine längere Unterredung verwickelten.

Während dieser Unterredung kam, gemäß der Darlegung des Herrn von Seebach, die Meldung, daß eine hannöversche Colonne sich gegen Mechterfeldt bewege, und daß das Gefecht mit der dortigen Garde sich bereits entsponnen habe.

Der Zweck dieses Vorgehens lag klar vor Augen: die Hannoveraner wollten sich der Eisenbahn dort bemächtigen, sie unfahrbar machen, damit jedem Zuzuge preußischer Truppen von Gotha nach Eisenach hin der Weg abgeschnitten würde.

Zunächst gab dieß neuen Gesprächsstoff für den Herzog gegenüber dem Rittmeister von der Wense, obwohl ja dessen Auftrag durch die Ueberbringung des königlichen Befehls zum Abbruche aller Unterhandlungen bereits erledigt war. Der Herzog redet, gemäß der Seebach’schen Darlegung, als sei dieser Befehl nicht vorhanden. Allein von einer vermeintlichen Waffenruhe, auf die, wenn sie von dem Obersten Dammers abgeschlossen war, bei dieser Gelegenheit der Herzog und der Minister von Seebach sich hätten berufen müssen, hat weder der Eine noch der Andere dem Rittmeister von der Wense auch damals, nach der Erklärung desselben (in Anlage C), ein Wort gesagt.

Unterdessen durfte man von Minute zu Minute eines neuen Telegrammes von Berlin her zur Antwort auf die um 11 Uhr abgegangenen gewärtig sein.

Und in der That, während noch diese Unterredung im Gange ist, trifft um 1 Uhr 58 Minuten ein Telegramm des Grafen Bismarck ein. Der König von Preußen genehmigt darnach die hannöverschen Propositionen, unter den Bedingungen, daß für die Nichtteilnahme der hannöverschen Truppen an den Feindseligkeiten gegen Preußen Garantien festgesetzt würden, und daß der General von Alvensleben wegen dieser Garantien unterhandeln solle.

Also auch von preußischer Seite abermals nichts definitives, sondern ein in Aussicht Stellen von Unterhandlungen! Die Hannoveraner sollen das, was frei und offen vor ihnen liegt, den Durchzug, – denn die zwei Bataillone in Eisenach sind für eine Armee von 19,000 Mann nicht nennenswerthes Hinderniß – erkaufen durch unbestimmte Unterhandlungen, die erst beginnen können mit dem Eintreffen des Generals v. Alvensleben, also erst dann, wo zugleich die Züge preußischer Truppen von Ost und West von Stunde zu Stunde das Machtverhältniß zu Ungunsten der Hannoveraner ändern! – 

Daß es von preußischer Seite mindestens so gemeint war, lag jedem unbefangenen Blicke offen.

Allein die Berliner Absicht ging noch ein wenig weiter. Constatiren wir sie mit den Worten, die in der offiziellen Schrift *) des preußischen Generalstabes zur Erläuterung gerade dieses Bismarckischen Telegrammes hinzugefügt sind:

*) Der Feldzug von 1866 in Deutschland S. 65.

„Auf die ganz unannehmbaren Forderungen des Königs Georg war man in Berlin freilich nicht, wohl aber gern auf Verhandlungen überhaupt eingegangen. Man hoffte, während derselben würden die von allen Seiten anrückenden preußischen Abtheilungen zu einer solchen Ueberlegenheit zu versammeln sein, daß dadurch die hannöverschen Truppen der Pflicht von selbst überhoben würden, bloß für die Ehre der Waffen ein hoffnungsloses Gefecht zu liefern.“

Wir constatiren die preußische Absicht. Sie wäre damals manchem als unerfüllbar erschienen. Die Hannoveraner waren nicht mehr im Bereiche der Täuschung, im Bereiche der Unterhandlung. Die ganze Sache war nach Kriegs- und Völkerrecht, selbst wenn nach der Abreise des Obersten Dammers, nach seiner wiederholten Erklärung um 12 Uhr abzubrechen, noch ein Zweifel hätte übrig bleiben können,
völlig und durchaus erledigt durch den Befehl des Königs von Hannover zum Abbruche aller Unterhandlungen, zur Rückkehr seiner Offiziere. Und selbst thatsächlich war die Sache erledigt.

Die Hannoveraner waren, wie aus der Combination der einzelnen Momente auch in Gotha nicht zu verkennen war, in vollem Anmarsche auf Eisenach.

Nur einer gab noch die Hoffnung nicht auf. Es war der Herzog von Koburg.

Wenn der Herzog auch da noch gemäß den Forderungen des Krieges- und Völkerrechtes hätte handeln wollen: so mußte er auf das Bismarckische Telegramm, dessen einzige Bedeutung darin bestand, daß es Verhandlungen in Aussicht stellte, sofort zurück melden, daß der König von Hannover bereits vor dem Eintreffen desselben alle Unterhandlungen definitiv abgebrochen, seine Offiziere zurückgerufen habe. Dann zogen die Hannoveraner ohne erhebliches Hinderniß bei Eisenach durch, und zugleich war jede Gefahr eines blutigen Zusammenstoßes derselben mit einer stärkeren preußischen Macht beseitigt. Mithin gingen die völkerrechtliche Pflicht des Herzogs und das Interesse für die Schonung seiner Unterthanen Hand in Hand.

Der Herzog handelte weder gemäß der einen Pflicht, noch dem anderen Interesse. Er handelte mit Verletzung der einen, mit Schädigung des anderen, nur im Interesse der Berliner Politik. Er versuchte es, die Hannoveraner dennoch festzuhalten.

Als Werkzeug dazu sollte ihm dienen der hannöversche Major von Jacobi.

Wir haben gesehen, wie der Oberst Dammers, als bereits der Wagen vor der Thüre stand, noch im letzten Augenblicke auf das Ansuchen des Herzogs bewogen ward, den Major v. Jacobi in Gotha zurückzulassen, damit derselbe den erwarteten preußischen General-Adjutanten ins hannöversche Hauptquartier begleiten sollte. Dieß war der einzige Zweck seines Dableibens. Er hatte sich noch dazu jegliche andere Thätigkeit selber abgeschnitten durch die an den Oberst Dammers gerichtete Frage um fernere Instruktion und durch die Antwort, alles etwa von Berlin Kommende nur ad referendum zu nehmen *).

*) Man vergleiche den offic. hannöverschen Bericht S. 37.

Allein dieser Major v. Jacobi hatte von Anfang mehr als ein anderer unter der Pression des Irrthumes gestanden, daß an der Bahnlinie, in Gotha oder Eisenach, eine preußische Macht stünde, genügend, um den Hannoveranern den Durchzug zu erschweren, wo nicht unmöglich zu machen. Er hatte von seinem ersten Aufenthalte in Gotha her diesen Irrthum ins hannöversche Hauptquartier wieder mitgebracht. Die Darlegung des Herrn v. Seebach läßt nicht erkennen, daß der Major v. Jacobi während seines zweiten Aufenthaltes in Gotha am 24. Juni dieses Irrthumes ledig geworden sei.

Wir glauben nach den Thatsachen schon hier den immerhin möglichen Verdacht eines bewußten Verrathes dieses Mannes zurückweisen zu müssen. Sein Benehmen ist haltlos, schwankend und steht vor allen Dingen unter dem Einflusse des moralischen Druckes, welchen der Herzog auf ihn übt.

Die erste Wirkung dieses Druckes ist der Ungehorsam des Majors v. Jacobi gegen seinen König und Kriegsherrn. Auf die erhaltene Meldung des Rittmeisters v. d. Wense kehrt der Major v. Jacobi nicht sofort zurück. Auch die unter vier Augen gemachte Mittheilung *) des Rittmeisters, daß die Operation auf Eisenach gehe, daß um drei Uhr Nachmittags die Hannoveraner in Eisenach sein werden, scheint auf den Major v. Jacobiz keinen tieferen Eindruck gemacht zu haben.

*) Man vergleiche den offic. hannöverschen Bericht S. 37.

Dann ist das weitere Verfahren des Herzogs von großer Wichtigkeit. Der Major v. Jacobi hatte sich, gemäß der Seebach’schen Darlegung, nach der Abreise des Obersten Dammers auf das ihm angewiesene Zimmer zurückgezogen. Der Herzog läßt ihn dort rufen. Jedoch nicht sogleich auf die Nachricht des hannöverschen Angriffes auf Mechterfeldt, um ihn da sofort zu einem Einschreiten gegen denselben zu bewegen.

Denn der Eindruck des königlichen Befehles zur Rückkehr in der Seele des Majors v. Jacobi möchte in diesem Falle über eine solche Zumuthung noch den Sieg davon getragen haben. Das Verfahren des Herzogs ist vorsichtiger berechnet. Er sucht in der Seele des Majors v. Jacobi erst eine andere Meinung vorzubereiten als diejenige des inneren Schwankens, ob er dem königlichen Befehle zu gehorchen habe oder nicht. Und dann, nach dieser Vorbereitung, stellt der Herzog seine Zumuthung.

Um so bemerkenswerther ist der spätere Irrthum Sr. Hoheit in dem Artikel der A. A. Z., daß das Berliner Telegramm eher angekommen sei als die Nachricht des hannöverschen Angriffes auf Mechterstedt. Die Angaben der Seebach’schen Darlegung über die Zeit sind allzu scharf und bestimmt, als daß für die Angabe des Herzogs noch eine Möglichkeit übrig bliebe.

Denn, gemäß der Seebach’schen Darlegung, läßt der Herzog den Major Jacobi zu sich rufen und theilt ihm den, wie Herr von Seebach sagt, „erfreulichen Inhalt des Telegrammes des Grafen Bismarck mit.“ Und dann fährt jene Darlegung des Herrn von Seebach fort mit folgenden Worten:

„Se. Hoheit setzte ihn dann aber auch von den früher eingetroffenen Nachricht, dem Vorgehen der Hannoveraner auf Mechterstedt, sowie davon in Kenntniß, wie in der dem Obersten Dammers ertheilten Abschieds-Audienz – bei welcher der Major v. Jacobi nicht mit anwesend gewesen war – die bereits in seiner Gegenwart verabredete Waffenruhe präcisirt worden sei, setzte hinzu, daß jenes Vorgehen offenbahr nur darin seinen Grund haben könne, daß der betreffende Truppen-Commandant von der mit dem Obersten Dammers verabredeten Waffenruhe nicht rechtzeitig Kenntniß erhalten habe, und forderte ihn dringend auf, einem doch sicher nicht beabsichtigten Wortbruche vorzubeugen und sofort ein Telegramm zu entwerfen, um den Commandeur der hannöverschen Truppen auf der Linie Gotha-Eisenach mittelst des Eisenbahn-Telegraphen von dem getroffenen Uebereinkommen in Kenntniß zu setzen, und zu veranlassen, weitere Feindseligkeiten zu sistiren.“

Man sieht, in welcher völligen Unkenntniß dieser Major v. Jacobi über die wirkliche Lage der Dinge gewesen sein muß. Es soll das nicht zu seiner Entschuldigung gesagt sein. Aber es muß gesagt werden, damit die moralische Verschuldung des Herzogs, welcher die Situation dieses leichtgläubig gefügigen Mannes, des Majors v. Jacobi, in so arglistig berechneter Weise auszunutzen beflissen ist, um so schärfer ins Licht trete. Dabei ist freilich festzuhalten, daß die Darstellung, welcher wir folgen, diejenige des herzoglichen Ministers v. Seebach ist.

Dieselbe fährt fort:

„Herr v. Jacobi erklärte, daß er sich, nach Lage der Sache, allerdings für verpflichtet erachten müsse, dem Verlangen Sr. Hoheit des Herzogs zu entsprechen. Das Telegramm wurde von ihm entworfen und von mir alsbald zum Abgange gebracht.“

So lautet der Bericht des Herrn v. Seebach, und man sollte demgemäß in diesem Falle erwarten, daß der Major v. Jacobi sich in seinem, von dem Herzoge und dem Minister v. Seebach genehmigten Telegramme auf eiue vermeintliche Waffenruhe berufen hätte. Dieß ist jedoch nicht der Fall. Die vermeintliche Waffenruhe, auf welche, nach der Darlegung des Herrn v. Seebach, der Herzog dem Major v. Jacobi gegenüber ein so großes, ja das alleinige Gewicht gelegt, wird in diesem Telegramme des Majors v. Jacobi nicht einmal erwähnt. Dasselbe lautet *) dahin, „daß Feindseligkeiten zu vermeiden seien, nachdem die in den Verhandlungen von Hannover gestellten Bedingungen preußischer Seits Annahme gefunden hätten.“

*) Offizieller hannöv. Bericht S. 38.

Es bedarf nicht der Ausführung, daß in mehr als einer Beziehung dieses Telegramm mit der Wahrheit im Widerspruche stand. 

Das Telegramm des Majors v. Jacobi veranlaßte, wie der offizielle Bericht meldet, den Oberstlieutenant Knipping bei Mechterstedt mit dem preußischen Commandirenden die vorläufige Einstellung der Feindseligkeiten zu verabreden. Er schickte durch den Lieutenant v. Oldeshausen dasselbe weiter. Es gelangte an den Hauptmann Grumbrecht in demselben Augenblicke, wo dieser sich als Parlamentär bei dem preußischen Obersten von Osten-Sacken befand, um dessen endgültige Erklärung in Betreff einer freiwilligen Räumung von Eisenach zu vernehmen.

Vergegenwärtigen wir uns diesen Moment.

Die Avantgarde einer Armee von 19,000 Mann steht in Bereitschaft, die Zugänge einer offenen Stadt zu nehmen, die nur durch zwei Bataillone vertheidigt werden können. Es ist diesen eine halbstündige Frist gestellt, ob sie freiwillig räumen wollen. Die Hälfte dieser Frist ist verstrichen. Eine Hilfe für die nächsten Stunden steht nicht zur Aussicht. Man sieht auf den Höhen im Norden die hannöverschen Geschütze in Position.
Alles ist bereit: es bedarf nur noch des Commandos. Allein mit Sicherheit glaubt man auf hannöverscher Seite annehmen zu dürfen, daß es dennoch nicht zum Blutvergießen kommen werde. Man sieht geheizte Locomotiven auf dem zwischen liegenden Bahnhofe von Eisenach dampfen. Der Zweck derselben kann nur sein, die beiden Bataillone fortzuführen. Eine Stunde später – und die hannöversche Armee ist theils durchmarschirt, theils hat sie die Eisenbahn genommen und so zerstört, daß ein preußischer Zuzug nicht möglich ist. Die hannöversche Armee zieht dann unangefochten durch nach Süden. Südwärts von Eisenach steht kein Feind.

In diesem Momente erscheint das Telegramm, zu welchem der Herzog von Koburg durch die Ausnutzung aller Vortheile, die er durch die Kenntniß der Lage, durch sein wohlberechnetes Verfahren, durch seine persönliche Stellung über den Major
v. Jacobi besitzt, diesen leichtgläubigen, unklaren Mann bewogen hat!

Es ist die Frage, ob der Oberst v. Bülow, der Commandant der hannöverschen Avantgarde, der den schriftlichen Befehl zur Einnahme von Eisenach bei sich führt, sich auf dies Telegramm des Majors v. Jacobi einlassen wird. Aber zugleich mit diesem Telegramme überreicht ihm der Hauptmann Grumbrecht das andere, welches von Berlin aus die bevorstehende Ankunft eines General-Adjutanten des Königs von Preußen meldet, „zur Entgegennahme der Befehle Sr. Majestät des Königs von Hannover.“

Der Oberst v. Bülow beruft einen Kriegsrath der Abteilungs- Commandeure. Es regen sich Zweifel an der Befugniß des Majors v. Jacobi zur Absendung seines Telegrammes, Zweifel an der Pflicht, sich darauf einzulassen. Aber das gleichzeitig überreichte Berliner Telegramm mit seiner schönen, nichtssagenden Redensart klingt gar zu bedeutsam.

Es scheint alle Zweifel heben zu müssen.

Der um den Obersten v. Bülow versammelte Kriegsrath entscheidet sich für die Sistirung der Feindseligkeiten. Es wird ein Waffenstillstand verabredet.

Im nachrückenden Hauptquartirer, wo man, nach der Absendung des Rittmeisters v. d. Wense mit dem Befehle zum Abbruche aller Unterhandlungen, keine Ahnung von der Möglichkeit einer solchen Wendung der Dinge hat, lebt man noch in der Hoffnung, Eisenach sei zwischen 3 und 4 Uhr genommen. Es ist ein Irrthum. Es ist Waffenstillstand geschlossen. Darüber bricht der Abend herein. 

Auf dem Bahnhof von Eisenach ist es in der Nacht sehr lebhaft. Der unablässige schrille Pfiff der Locomotive verkündet die Ankunft neuer Züge mit frischen preußischen Truppen.Am Morgen des 25. Juni ist der Durchzug bei Eisenach gesperrt.

Die Hannoveraner sind überlistet durch den Herzog von Koburg. Sie werden nicht sich ohne Kampf ergeben, das ist klar. Aber das Ende dieses Kampfes kann nicht zweifelhaft sein. „König Wilhelm war fest entschlossen,“ sagt der offizielle preußische Bericht, „jedenfalls und vor allen Dingen die hannöversche Armee unschädlich zu machen.“ Es werden dann auch einige Koburger mit bluten müssen, was vermieden wäre, wenn ihr Herzog anders hätte handeln wollen, als ihm die bedingungslose Ergebenheit für den preußischen Dienst es gebot. Aber um so höher stieg dann der Anspruch des Herzogs auf Dank bei dem Könige Wilhelm und dem Grafen Bismarck.

Das Glück hat den Herzog bei seinem Verfahren ungemein begünstigt – das ist wahr. Aber das Glück hat nicht seine Absicht übertroffen: es hat dieselbe nur verwirklicht.

Ueber das Verhalten des Majors von Jacobi hat der König von Hannover sofort damals ein Kriegsgericht befohlen. Die preußische Annexion des Königreiches hat dies Kriegsgericht nicht zum Spruche kommen lassen.

Dem Herzoge von Koburg aber hat der König von Preußen als demjenigen von den Fürsten des Nordbundes, der auf eine besondere Belohnung Anspruch hatte, den Schmalkaldener Wald geschenkt. – 

Vom 25. Juni an trat die Thätigkeit des Herzogs von Koburg zurück. Preußische Generale übernahmen die Fortführung seines Werkes. Die Hoffnung der Hannoveraner auf das Entgegenkommen der Bayern war vergeblich. Das bayerische Hauptquartier war nicht völlig unangekränkelt von derjenigen Sinnesart, welche in dem hannöverschen Major v. Jacobi so unheilvoll für sein Vaterland geworden war.

Der Sieg von Langensalza war die That der Söhne des hannöverschen Volkes.

Und sofort dann begannen sowohl noch während des kurzen Feldzuges als nach demselben preußische Irrthümer in reichlicher Zahl empor zu wachsen.

Sie zeigten sich in nicht geringem Grade bei dem Könige Wilhelm selbst, in seinen Anreden an Hannoveraner, die ihn um Mäßigung in seinem Siegesglücke baten. Diese Irrthümer liefen so sehr der Wahrheit zuwider, daß der König Georg V. von Hannover selber in einem Briefe an den Landdrosten von Hammerstein zu Osnabrück einen Theil derselben berichtigte. Ich gebe, anstatt irgend welcher eigenen Bemerkungen, diese Berichtigung in authentischer Form, wie sie damals gedruckt erschienen ist:



„Mein lieber Landdrost Freiherr von Hammerstein!

„Es ist durch die öffentlichen Blätter zu Meiner Kenntniß gekommen, daß Seine Majestät der König von Preußen einer Deputation aus der Stadt Osnabrück gegenüber sich dahin geäußert habe, die Deputation wisse, welche Schritte der König Mir gegenüber zur Erzielung einer Verständigung gethan habe; dieselbe werde aber vielleicht nicht wissen, daß Er noch vor Langensalza, als die Schwerter schon gezückt waren, in Betreff des Eintritts in den norddeutschen Bund und Beobachtung der Neutralität, Mir vergebens Seine früheren Anerbietungen wiederholt hätte.“

„Aus dieser Aeußerung ist Mir vollkommen klar geworden – was Ich allerdings schon früher vermuthen mußte – daß Seine Majestät der König von Preußen über die Verhandlungen mit Mir und Meiner Regierung durchaus falsch berichtet sein muß.“

„Der wahre Sachverhalt ist der folgende:

„Die von Seiner Majestät dem Könige von Preußen Mir angebotene Neutralität war von Mir, soweit sie mit Meinen Bundespflichten vereinbar war, angenommen, und Mein Minister der auswärtigen Angelegenheiten hat bis zum letzten Augenblicke dem königlich preußischen Gesandten an Meinem Hofe amtlich erklärt, daß die Neutralität gehalten werden würde.“

„Die Sommation am 15. Juni verlangte aber nicht Neutralität, sondern ein Bündniß, also etwas durchaus Anderes als das früher von Mir Zugesagte, und zwar Etwas, das Meinen Verpflichtungen gegen Meine übrigen deutschen Bundesgenossen zuwiderlief.“

„Was also zur Erhaltung des Friedens mit Preußen nach Pflicht und Ehre für Mich anzunehmen möglich war, ist von Mir angenommen worden.“

„Als während des Marsches Meiner Armee, durch Seine Hoheit den Herzog von Sachsen-Coburg-Gotha Verhandlungen begonnen wurden, habe Ich zwar die zur Verzögerung der nothwendigen militärischen Operationen führende Vermittlung zurückgewiesen, Mich aber sofort bereit erklärt, mit dem Generaladjutanten Seiner Majestät des Königs von Preußen zur Vermeidung unnützen Blutvergießens Verhandlungen zuzulassen.“

„Der General-Lieutenant von Alvensleben trat darauf am 25. Juni in Meinem Haupt-Quartier zu Groß-Behringen ein.

Es wurde zwischen demselben und Meinem Generaladjutanten ein Waffenstillstand geschlossen, und ich verpflichtete Mich, bis zum 26. Juni Morgens 10 Uhr Meine Antwort auf die von dem General von Alvensleben überbrachten Propositionen Seiner Majestät dem Könige von Preußen nach Berlin zu senden.“

„Bereits am 25. Juni Nachmittags sendete Ich Meinen Oberstlieutenant Rudorff vom Generalstab mit Meiner Antwort an Seine Majestät den König von Preußen ab.“

„Der königlich preußische General Vogel von Falkenstein verweigerte jedoch dem Oberstlieutenant Rudorff die Beförderung auf der Bahn von Eisenach nach Berlin, und erklärte zugleich, daß er den von dem Generaladjutanten seines Königs geschlossenen Waffenstillstand nicht anerkenne. Der Oberstlieutenant Rudorff gab auf der Telegraphenstation Eisenach ein Telegramm ab, worin er Seiner Majestät dem Könige von Preußen meldete, daß er beauftragt sei, Meine Antwort nach Berlin zu bringen und daran durch den General Vogel von Falkenstein verhindert werde.“

„Am 26. Juni Morgens sendete Ich den Oberstlieutenant Rudorff abermals an Seine Majestät den König von Preußen, und zwar über Gotha. Der dort commandirende königlich preußische Generalmajor von Flies ließ die Reise des Oberstlieutenants Rudorff jedoch auch auf diesem Wege nicht zu, und Letzterer meldete dies abermals durch ein Telegramm Seiner Majestät dem Könige von Preußen.“

„Der General von Flies erklärte hiebei, daß der von dem Generaladjutanten geschlossene Waffenstillstand um 10 Uhr Morgens abgelaufen sei und daß er angreifen werde.“

„Nachmittags am 26. Juni erschien darauf der königlich preußische Oberst von Döring in Meinem Hauptquartier zu Langensalza. 

Derselbe überbrachte eine Depeche des königlich preußischen Minister-Präsidenten Grafen Bismarck, in welcher nicht Neutralität, sondern ein Bündniß unter den Bedingungen vom 15. Juni angeboten war.“

Vor Mittheilung dieser Depeche erklärte Mir jedoch der Oberst von Döring in Gegenwart Meines Ministers der auswärtigen Angelegenheiten, daß sein Auftrag thatsächlich erledigt sei, da die Truppen unter dem Commando des Generals Vogel von Falkenstein bereits Befehl erhalten hätten anzugreifen.“

„Dies ist der wahrheitsgemäße Thatbestand, aus welchem sich ergibt:

„daß erstens die angebotene Neutralität von Mir, soweit sie dem Bundesrecht nicht widersprach, angenommen und dies zum Ausbruch der Feindseligkeiten festgehalten worden ist;“

„daß zweitens die Uebersendung der von Mir versprochenen Antwort an den König von Preußen durch Höchstdessen Generale zweimal verhindert wurde.“

„daß drittens der von dem Generaladjutanten von Alvensleben geschlossene Waffenstillstand von dem General Vogel von Falkenstein nicht anerkannt wurde;“

„daß viertens selbst die Annahme des durch den Obersten von Döring überbrachten Anerbietens eines Bündnisses nach der, der Mittheilung dieses Anerbietens vorausgehenden Erklärung des Ueberbringers selbst, nicht mehr von Erfolg sein konnte.“

„Wenn also Seine Majestät der König von Preußen den Wunsch einer Verständigung gehegt hat, so steht es jedenfalls fest, daß Höchstdessen Intentionen von Seinen Generalen und Offizieren nicht im Sinne der Erfüllung dieses Wunsches ausgeführt sind, wovon sich der König durch Vernehmung des königlichen Gesandten, Prinz Gustav zu Ysenburg-Büdingen, des General-Adjutanten, General-Lieutenants von Alvensleben, des Generals der Infanterie Vogel von Falkenstein, des General-Majors von Flies und des Obersten von Döring Selbst leicht überzeugen kann.“

„Da nun Seine Majestät der König von Preußen der Deputation aus der Stadt Osnabrück gegenüber die oben erwähnten Aeußerungen gethan hat, so ist es Meine Pflicht, im Hinblick auf die Geschichte dieser Tage, die Wahrheit festzustellen.“

„Dies dem Könige von Preußen selbst gegenüber zu thun, ist Mir unmöglich gemacht worden, indem Derselbe zu Nikolsburg Mein an Jhn gerichtetes Schreiben anzunehmen verweigerte. Ich wünsche daher, daß Sie, Mein lieber Landdrost, diese Meine Aufklärung des Sachverhaltes den Mitgliedern der Deputation aus Osnabrück zur Kenntniß bringen und überlasse Ihnen, von derselben sonst jeden Ihnen zweckmäßig scheinenden Gebrauch zu machen.“

„Jch bin, Mein lieber Landdrost Freiherr von Hammerstein,
Jhr

 freundlich wohlgeneigter
 (gez.) Georg Rex.“

Hietzing bei Wien, 26. November 1866


Die Frage, ob nicht dieser Brief sogar in Berlin vollen Erfolg gehabt habe, muß leider verneinend beantwortet werden. Herr von Bismarck hat in seiner Rede vom 11. März 1867 im Reichstage des Norddeutschen Bundes sogar noch neue Irrthümer hinzugefügt. Er sagt nämlich dort (S. 144 Stenogr. Berichte): „Wir haben lange unterhandelt, vielleicht zu lange über ein Bündniß mit Hannover. Wir haben noch bei Langensalza darüber unterhandelt. Woran scheiterten diese Unterhandlungen mit Hannover? An der Abneigung Seiner Majestät des Königs Georg, Garantie dafür zu geben, daß die hannöversche Armee sich auf nur ein Jahr lang Feindseligkeiten gegen uns enthalten möge. Wir haben das Bündniß angeboten von dem Augenblicke an, wo wir die Möglichkeit eines Krieges voraussahen. Wir sind hingehalten worden mit Tergiversationen. Man hat uns in amtlich mitgetheilten Noten einen Neutralitäts-Vertrag versprochen“ u. s. w. 

Neu ist in dieser Rede des Herrn von Bismarck der Irrthum, daß Preußen mit Hannover lange über ein Bündniß unterhandelt habe. Hannover hat vielmehr, wie alle Actenstücke darthun, von Anfang an erklärt, daß es in dem Streite zwischen Oesterreich und Preußen parteilos bleiben wolle, daß es festhalte am Bundesrechte, und für den Fall, daß dieses thatsächlich außer Kraft träte, für sich die Neutralität verlange. Eine Unterhandlung über ein Bündniß – wenn anders das auf die Brust Setzen der Pistole Unterhandlung genannt werden kann – hat nur statt gefunden am 15. Juni 1866, wo der preußische Gesandte binnen zwölf Stunden die Wahl ließ: Bündniß oder Krieg.

Die anderen Irrthümer des Herrn von Bismarck in dieser seiner Rede widerlegen sich durch den vorstehenden Brief des Königs von Hannover. 

Es ist möglich, daß der König Wilhelm zur Zeit seiner Anrede an die Osnabrücker Deputation über die Thatsachen, namentlich über diejenige der Sendung des Obersten von Döring, magelhaft unterrichtet war.

Aber es ist sehr merkwürdig, daß der Herr von Bismarck, nach der Veröffentlichung jenes Briefes des Königs von Hannover, dieselben Irrthümer, in denen sich früher der König von Preußen den Osnabrückern gegenüber befangen gezeigt hatte, vor seinem Parlamente noch zu wiederholen keinen Anstand genommen hat.

Uebrigens melden die Stenographischen Berichte auch bei der Gelegenheit dieser Worte nichts von dem in anderen Fällen der Reden des Herrn von Bismarck üblichen Bravo dieser Gesellschaft.





Fortsetzung des Textes: 4 Abschnitt



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