1889
Auszug aus dem Reisebericht des Dr. Robert Geißler
Aus: "Illustrierte Zeitung; Nr. 2379. 92. Bd.; Leipzig und Berlin, 2. Februar 1889."
"Im Okerthale, welches unmittelbar vom Hüttenorte Oker aus in das Gebirge führt, erschließt sich ein herrlicher Aufstieg in den Oberharz. Die neue Landstraße, zwischen steilen Bergen hinaufführend, hat dem berühmten Platze nichts von seiner altbekannten Schönheit genommen. Neben dem nun bequemern Wege schämt der Wildstrom dem Wanderer immerfort entgegen und ist in seinem unbaändigen Drängen von der Höhe der jetzigen Straße aus erst recht beschaulich geworden. Die erste Wegestunde hinauf haben sich malerische Fabrikanlagen in die Schlucht gedrängt und bemühen sich, dem Strom etwas von seiner Kraft für ihren Betrieb abzugewinnen. Diese Anlagen, Röhrenleitungen, Schleusen und Gefälle bilden unwillkürlich eine malerische Beigabe zu dem romantischen Weben der Natur. Durch das Sprengen der Felsen behufs Anlage der Landstraße sind große Steinblöcke zu den bereits im Wasser vorhandenen gestürzt und zwingen die schäumenden Wellen zu grotesken Tänzen. Links und rechts steigen die mit Fichten besetzten Wände in die Höhe, unerkletterbar an vielen Stellen. Nach und nach wird der Auffstieg enger, und die Spuren gewerblicher Anlagen hören auf. Plötzlich an einer Stelle, welche den Gedanken aufkommen lassen könnte, hier sei es mit dem Weitermarschiren aus, biegt sich der Pfad, ein Haus wird sichtbar, und demselben gegenüber plätschert ein Gewässer über einen steilen, aber doch bewachsenen Felsen herunter, im hohen Sommer manchmal nur in geringen Mengen, im Frühjahr und Herbst reichlich und rauschend, aber im Winter und unter günstigen Umständen schießt, steigt und hängt es hernieder in großartiger Wucht und Pracht. Es ist der Romker Wasserfall.
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Wenn plötzlich Kälte eintritt, die das über die Felswand herabstürzende Gebirgswasser überfällt, von den Seiten her eindämmt und Einfassungsmauern bildet, während der Strom dieselben überspringt und neue Bahnen sucht, so kennzeichnet sich sein erstess Uebergleiten der Hindernisse dadurch, daß sich Eiszapfen bilden, welchen dann Rinnsal an Rinnsal erstarrend sich anhängt, und das was wir im kleinen an Dächern der Häuser sehen, ganz dasselbe bildet sich hier im großen zu Eiszapfen von ganz gewaltiger Länge und Dicke aus. Dieselben sind meist nadelscharf, denn an der Spitze sind es fast immer nur einzelne Tropfen, welche sich anhängen. Das meiste von dem erstarrten Wasser geht in die Breite und verleiht so dem einzelnen zapfen eine feste, kernige Gestalt. So wächst das Eisgebeilde nach vorn heraus, indem ein Zacken sich über den anderen hinausbaut; so wächst das Eisgebilde auch in die Breite bis an Seitenstellen, wohin die Sommersträhnen des Wassers sonst nie reichen. Es sucht sich Platz, und da sich derselbe Vorgang des Überströmens of wiederholt, so erneuern sich auch dieselben Wirkungen. Dann treten manchmal wunderliche, wechselnde Erscheinungen zu Tage. Meist erinnert der Bau an eine riesige Orgel, dann an Fächerpalmen und ähnliches. In den Grundzügen, weil aus denselben Ursachen entspringend, sieht der gefrorene Wasserfall das eine wie das andere mal aus und doch wieder recht verschieden. Da wirken der Wind mit und die Kältegrade, der Sonnenschein und die Menge des zufließenden Wassers. Unser Bild zeigt die ganze Höhe des Falls; sie beträgt etwas über 200 Fuß."
Im Jahre 1906
Ausflug am Flußbett der Oker September 1906
Hier eine Ansicht am Flußbett der Oker im September des Jahres 1906 mit der Rückseitigen Partie des Hauses. Zu diesem Zeitpunkt ist das Gebäude und der Wasserfall von hieraus nur über die Romker-Brücke erreichbar.