Romkerhall
Geschichte der Königlich- Hannoveranischen- Kammergut- Staatsdomäne Romkerhall

Anlage 7.

Hannover, den 15. Juli 1866.

Bericht

des Oberst von Stoltzenberg über die Seitens der hannover’schen Artillerie im Juni 1866 bis zum Ausmarsche der Armee aus Göttingen zur Ausrüstung der Feld-Artillerie ausgeführten Arbeiten.


Um ein klares Bild über diejenigen Arbeiten liefern zu können, welche der hannover’schen Artillerie während ihres Aufenthaltes in Göttingen oblagen, dürfte es zunächst erforderlich sein zu schildern, wie dieselbe im genannten Orte eintraf, und welche Mittel sie zu ihrer ferneren Ausrüstung theilweise mit sich führte, theilweise auch in Göttingen vorfand.

Als der hannover’schen Artillerie der Befehl zuging, die bisherigen Garnisonen zu verlassen, und sich mit der sich bei Göttingen concentrirenden Armee zu vereinigen, befand dieselbe sich gänzlich im Friedenszustande. Es hielten allerdings bei jedem der 3. Bataillone der Fuß-Artillerie eine Compagnie, und außerdem die beiden reitenden Compagnien die diesjährige regelmäßige Exercierzeit ab, und waren dazu auch diejenigen älteren Mannschaften zum Dienst gegenwärtig, welche nach den bestehenden Vorschriften zur Abhaltung der Exercierzeit einbeordert waren. Diese 5 Compagnien benutzten zu ihrer Exercierzeit das Feldausrüstungsmaterial einer Batterie, und zwar die 3 Compagnien der Fuß-Artillerie jede das Material einer gezogenen 6pfünder Batterie von 6 Geschützen, und die beiden reitenden Batterien jede das Material einer Batterie von 4 kurzen 12pfünder Kanonen, und da außerdem dieses Material feldmäßig bepackt und mit Muition versehen, auch mit den Pferden der Friedensausrüstung bespannt war, so konnten die dadurch gebildeten Batterien allerdings einigermaßen als operationsfähig bezeichnet werden, wobei indeß zu berücksichtigen ist, daß der Etat derselben sowohl an Mannschaften wie Fuhrwerken und Pferden gegen den Etat der Feldausrüstung erheblich verringert war.

Es waren dieses:

1. reitende Batterie Röttiger,
2. reitende Batterie Mertens,
3. Fuß-Batterie Blumenbach,
4. Fuß-Batterie Eggers,
5. Fuß-Batterie Laves.

Sollten diese Batterien, was unbedingt erforderlich erschien, in diesem erlangten Zustande der Operationsfähigkeit verbleiben, so waren dadurch namentlich in Bezug auf den Pferde-Etat die Mittel der Friedensorganisation so erschöpft, daß für eine fernere Ausrüstung von Batterien auf weitere Aushilfe an älteren eingefahrenen Pferden und namentlich an Reitpferden nicht gerechnet werden konnte, vielmehr hierbei nur noch auf neu anzuschaffende Pferde Rücksicht genommen werden durfte.

Es kam daher darauf an, beim Verlassen der bisherigen Garnisonen möglichst viel feldmäßig ausgerüstete Geschütze &c. nebst erforderlichen Geschirren per Eisenbahn oder mittelst Vorspannpferden mit fortzuschaffen, so daß es nur noch der Lieferung von Pferden zur vollständigen Ausrüstung bedurfte.

Als demnach gegen Abend des 15. Juni dem 2. Artillerie-Bataillone, dessen Commando der Unterzeichnete führte, der Befehl zuging, daß die Batterie Eggers am Mittag des 16. per Eisenbahn nach Göttingen befördert werden und der Rest des Bataillons am Morgen des 17. nachfolgen sollte, wurden sofort Vorkehrungen getroffen, um:

1. das beim Bataillon im Besitz der 5. F.-C. befindliche gesammte Feldausrüstungs-Material einer leichten 12pfünder Batterie von 6 Geschützen feldmäßig zu bepacken und mit Munition zu versehen;

2. in gleicher Weise die beiden zur Friedensausrüstung des Bataillons gehörenden gezogenen 6pfünder Kanonen nebst einem Protzmunitionswagen auszurüsten;

3. die erforderlichen Fuhrwerke herbeizuschaffen, auf denen
a) die zur Feldausrüstung des 5. F.-C. gehörenden Geschirre und
b) die sämmtlichen auf denCompagnieböden des Bataillons befindlichen felddiensttüchtigen Mondirungsstücke verpackt werden sollten.

Mit der Einleitung dieser Arbeiten verging, obgleich von der Mannschaft des Bataillons namentlich zur Herbeischaffung der Munition bis tief in die Nacht hinein gearbeitet wurde, der 15. Juni.

Mit Tagesanbruch am 16. Juni, 4 Uhr Morgens, wurden dieselben wieder aufgenommen und nahmen bei angestrengter Thätigkeit einen solchen Fortgang, daß, als gegen 7½ Uhr Morgens der Befehl eintraf, wodurch der am Abend vorher erhaltene aufgehoben und statt dessen bestimmt wurde, daß das Bataillon (mit Ausschluß der Batterie Eggers) sich bereits um 11 Uhr im Dorfe Linden der unter Commando des Herrn General von dem Knesebeck marschirenden Abtheilung anschließen solle, mit Bestimmtheit vorausgesehen werden konnte, daß diesem Befehle Folge zu leisten sei, ohne den Abend vorher gefaßten Plan hinsichtlich der mitzuführenden Material-Gegenstände und Effecten in seiner Ausdehnung einschränken zu müssen, vorausgesetzt, daß es möglich sein werde, bis zu der festgesetzten Zeit die große Anzahl von Vorspannpferden, welche wegen der veränderten Beförderungsweise jetzt erforderlich wurden, herbeizuschaffen.

Durch die angestrengteste Thätigkeit der zum Requiriren dieser Vorspannpferde ausgesandtenOfficiere gelang es auch dieses letzte Hinderniß zu überwinden, und das Bataillon konnte gegen 10½ Uhr die Caserne und die Garnison verlassen. Auf dem Marsche wurde von dem Herrn General von dem Knesebeck als Ziel des 1. Marschtages für das 2. A.-B- Wülfingen festgesetzt, das Bataillon brach um 6 Uhr Morgens auf und erreichte Abends 6 Uhr Einbeck nach einem sehr angestrengten, und von den übrigen unter Commando des Herrn General v. d. Knesebeck befindlichen bereits operationsfähigen Truppen-Abtheilungen theilweise unter Gefechtsbereitschaft zurückgelegten Marsche, wobei indeß auch die Geschütze der 5. F.-C., soweit dieses bei der Bespannung mit Vorspannpferden möglich war, in den Stand gesetzt wurden, um bei einem etwa stattfindenen Zusammenstoße mit feindlichen Abtheilungen mitwirken zu können.

In Einbeck bezog das Battaillon gemeinschaftlich mit dem 1. Artillerie-Bataillon nach Abends 6 Uhr Quartier. Die am Morgen von Wülfingen und Umgegend aus mitgenommenen Vorspannpferde wurden hier zurückbehalten und ebenfalls einquartiert, um auf eine etwaige Allarmirung während der Nacht gerüstet zu sein, sowie auch um gesichert zu sein, falls bei Einbeck am folgenden Morgen etwa die erforderlichen Pferde nicht zusammenzubringen sein sollten. Die Zweckmäßigkeit dieser Maßregel stellte sich um so mehr heraus, als die Artillerie wirklich um 2 Uhr Nachts in Folge eines erhaltenen Befehls, den Rest des Marsches bis Göttingen per Eisenbahn zurückzulegen und die Fuhrwerke dazu sofort zu verladen, allamirt werden mußte, denn ohne dieselbe wäre es kaum möglich gewesen, die große Anzahl von Fuhrwerken (allein das 2. A.-B. führte 41 Fuhrwerke mit sich) nach dem nächsten Eisenbahnstationsorte (Salzderhelden) mit den in Einbeck selbst aufzubringenden Vorspannpferden zu befördern. Eben dieser großen Anzahl von Fuhrwerken wegen nahm auch bei den beschränkten Vorrichtungen auf dem Bahnhofe zu Salzderhelden die Verladung selbst eine sehr bedeutende Zeit in Anspruch, so daß trotz der Allarmirung um 2 Uhr Nachts das Bataillon erst gegen 11 Uhr Morgens in Göttingen eintreffen konnte. Hier wurde der Mannschaft zunächst 2 Stunden Zeit gelassen, um ihre Quartiere aufzusuchen und einige Ruhe zu genießen, deren sie nach dem angestregten Marsche des vorangegangenen Tages, sowie iin Folge der nächtlichen Allarmirung dringend bedurfte.

Nach Ablauf der 2 Stunden aber begannen sofort die Ausrüstungs-Arbeiten.

Da mir zu gleicher Zeit in Göttingen das Commando über die gesammte bei der Armee befindliche Feld-Artillerie anvertraut wurde, so würde ich dadurch in den Stand gesetzt sein, über die vorgenommenen Ausrüstungs-Arbeiten detaillirter berichten zu können. Ich bedarf mich indeß darauf zu beschränken, eine Schilderung derjenigen Mittel zu liefern, welche in Göttingen zur weiteren Ausrüstung der Artillerie angesammelt waren und mich in Bezug auf die vorgenommenen Ausrüstungsarbeiten auf einen vom Major Hartmann, welcher von mir mit der speciellen Leitung derselben beauftragt wurde, aufgestellten Specialbericht zu beziehen, indem ich daraus das Erforderliche hier wieder anführe.

Von Hannover aus waren am 16. und 17. Juni der Armee die verschiedenartigen Armee-Materialgegenstände nachgeschickt, welche in Göttingen in höchster Unordnung und bunt durcheinander geworfen anlangten, und aus denen auf Anordnung des Herrn Commandeurs der Artillerie-Brigade:

1 Armee-Materialdepot und
1 Artillerie-Depot gebildet waren. 

Schon die abladung der hierin aufgenommenen Gegenstände war mit Schwierigkeiten verbunden gewesen, da die Transporte sich drängten und sich ein sehr fühlbarer Mangel an Artillerie-Mannschaften und namentlich an Vorgesetzten der Artillerie gezeigt hatte. Am 17. waren in Göttingen 2 bis dahin beurlaubt gewesene und vom Urlaub der Armee nachgeeilte Artillerie-Officiere, Hauptmann Knauer und Premier-Lieutenant Kaufmann, eingetroffen.

Diesen war die Bildung der beiden Depots, und zwar:
Hauptmann Knauer für das Armee-Material-Depot, und
Lieutenant Kaufmann für das Artillerie-Depot übertragen, 

und ihnen dazu Arbeits-Commando’s der Infanterie zugetheilt. Zu ihrer Hülfe hatte ihnen zu Gebote gestanden:

1. Feuerwerker Nettelrodt des 3. A.-B., und zwar dieser bis zum Mittag des 17. allein;
2. am Mittag des 17. war der Feuerwerksmeistergehülfe Arndt hinzugekommen, und
3. vom18. an die beim Zeughause angestellten und mit Material-Transporten in Göttingen angekommenen Revisor Carl und Zeugwärter Becke.

Wenn irgend Jemand Anerkennung seines Fleißes verdient, so sind es diese 4 Unterofficiere und speciell die beiden erstgenannten, welche mit angestrengtester Thätigkeit und fast bis zu völliger Erschöpfung bei den sich gegenseitig drängenden Transporten die abladung der ankommenden Sachen mit ungeübter Mannschaft besorgt haben. Es war freilich an eine Ordnung und Sortirung der verschiedenen Gegenstände in den einzelnen Depots bislang nicht zu denken gewesen, vielmehr war es nun darauf angekommen, die Sachen überhaupt abzuladen, und für die ferneren Nachschübe, welche so rasch auf einander folgten, daß der Göttinger Bahnhof voller Wagen stand, Platz zu schaffen, so daß, obgleich am 17. bis spät Abends unausgesetzt gearbeitet war und die Arbeiten am frühen Morgen des 18. wieder aufgenommen waren, sich bei der inzwischen erfolgten Ankunft des 1. und 2. Artillerie-Bataillons die nachgesandten Sachen in den Depots noch in bunter Unordnung befanden, und es ganz unbekannt war, welche Sachen vorhanden waren und woran es fehlte, denn es befanden sich Mondirungsstücke, Munition, selbst Pulver in Tonnen mangelhaft verpackt zusammen mit Geschirrtheilen, Feldrequisiten und dergl. mehr, wüst durcheinander.

Die Commando’s über die Depots übernahmen jetzt:
Hauptmann Meyer für das Artillerie-Depot,
Premier-Lieutenant Meyer für das Arme-Material-Depot.

Soweit es sich übersehen ließ, waren am Nachmittage des 18. Juni in Göttingen außer den obengenannten 5 als einigermaßen actionsfähig zu bezeichnenden Batterien eingetroffen:

das Material der 5. Fuß-Batterie (leichte 12-Pfünder),
4 kurze 12-Pfünder für reitende Artillerie,#das Material der 24-pfündigen Haubitz-Batterie,
2 gezogene 6-pfündige Kanonen (Friedensausrüstung des 2. Artillerie-Battaillons).
Infanterie- und Artillerie-Munition,
Zelt- und Lagergeräthschaften, Geschirre &c.

Hinsichtlich der nunmehr folgenden Arbeiten des Sortirens und der Ausrüstung der neuen Batterien und Ersatzkörper füge ich jetzt das Weitere aus dem detaillirten Berichte des Major Hartmann hinzu.

Der selbe lautet:

Der erste Plan war:
die leichte 12-Pfünder-Batterie der 5. F. C.,
die 24-Pfünder-Haubitz-Batterie der 2. F. C.,
die 2 gezogenen 6-Pfünder der Friedensausrüstung des 2. A. B. zum Feldgebrauch auszurüsten.

Je nachdem die von verschiedenen Officieren in der Umgegend von Göttingen angekauften Pferde ankamen, wurden sie diesen Batterien zugetheilt und beschirrt.

Gleichzeitig geschah die Munitionsverpackung der Protzen und Protzmunitionswagen.

Als sich ergab, daß auch die 2 gezogenen 6-Pfünder der Friedensausrüstung des 1. Artillerie-Bataillons gerettet und in Göttingen waren, wurden auch sie ausgerüstet und mit den ersten beiden zu einer Batterie von 4 Geschützen vereinigt. Dagegen wurde, um zunächst einen abschluß zu machen, die 24-Pfünder-Haubitz-Batterie auf 6 Geschütze (statt auf die vorhandenen 8) gesetzt.

Die gezogene 6-Pfünder-Batterie von 4 Geschützen wurde dem Hauptmann Müller übergeben und mit Mannschaft der 6. F. C. besetzt (nachdem vorher der eine Zug von dem Premier-Lieutenant Schoof ausgerüstet und mit Mannschaft der 1. F. C. besetzt gewesen war). Bei dieser Batterie waren die Lieutenants Schoof und v. Garßen

Die 24-Pfünder-Haubitz-Batterie mit Mannschaft der 2. F. C. erhielt der Hauptmann von Hartmann, dabei waren Hauptmann Knaur, Lieutenants v. Mannsberg und Bodecker II.

Die leichte 12-Pfünder-Batterie, welche in Abwesenheit des kranken Hauptmanns von Uslar vom Premier-Lieutenant Richers ausgerüstet und von der 5. F. C. besetzt war, erhielt der Hauptmann Meyer. Dabei waren Lieutenants Richers, Giesecke, Ebmeier und in den letzten Tagen Stöhr.

Diese Batterien hatten übrigens auch Mannschaft, namentlich berittene aus anderen Compagnien. Es war die Absicht, von den noch vorhandenen Geschützen weitere Batterien zu bilden, doch konnte das nicht mehr ausgeführt werden.

Vorstehende Batterien hatten nur wenige (4-6) alte Königliche Artillerie-Pferde, alle anderen Pferde waren uneingefahren und meistens an die Beschirrung ungewohnt. Reitpferde waren nur wenige vorhanden, nur einzelne Unterofficiere und kein Hornist waren beritten. – Die 12-Pfünder-Kanonen und 24-Pfünder-Haubitzen waren statt mit 8 nur mit 6 Pferden bespannt.


Gleichzeitig mit der Ausrüstung obiger Batterien wurde der Ersatz für das Armee-Material organisirt.

Bei der Ankunft in Göttingen war formirt:

1. Ein Artillerie-Depot, zuerst unter Commando des Hauptmanns Meyer, und nachdem diesem die leichte 12-Pfünder-Batterie übergeben war, unter Commando des Hauptmanns Comperl, der für diesen Dienst besonders geeignet war und sich demselben bis zum Schlusse des Feldzuges in der umfassendsten Weise gewidmet hat.

Alles eigentliche Artillerie-Material, die nicht in den ausgerüsteten Batterien befindlichen Geschütze, Munitionswagen, die Feldschmieden u. dgl., beide Park-Compagnien, alle in den Batterien nicht eingetheilten Mannschaften, Recruten und aus dem Lande nachkommenden Leute wurden dem Artillerie-Depot überwiesen.

2. Ein Armee-Material-Depot unter Commando des Premier-Lieutenants Meyer, der zugleich in Abwesenheit des in Hannover dienstlich zurückgebliebenen Hauptmanns Krause die Handwerker-Compagnie, welche diesem Depot zugetheilt wurde, commandirte.

Das Depot bildete sofort:

a) einen Pulver- und Munitions-Park unter dem Premier-Lieutenant v. Bach. Letzterer ließ gleich ein Feldlaboratorium einrichten, Vorkehrungen zum Gießen von Gewehrprojectilen treffen, Patronen für Geschütze anfertigen, Artillerie-Geschosse laboriren, leere Munitions-Fuhrwerke bepacken. Der Erfolg seiner Arbeiten war so bedeutend, daß die Armee beim Ausmarsche aus Göttingen für einen freilich für einen längeren Feldzug nicht ausreichenden, aber doch die zunächst zu erwartenden Gefechtsverhältnisse sichernden Munitionsbestand für alle Waffen versehen war.

b) Mit Benutzung der Räume des Bahnhofes, eine Sattler-Werkstätte zum Adjustiren der Pferdebeschirrung u. s. w., eine Schmiede und Radmacher-Werkstatt.

Die Arbeiten in diesen Werstätten leitete der Premier-Lieutenant Meyer unter Aufsicht über das ganze Arme-Material-Depot selbst mit, unter thätiger Hülfe des Premier-Lieutenants Haccius. Die unermüdlichen Arbeiten der 3. Officiere des Armee-Material-Depots und der Handwerker-Compagnie, fast ohne die nothwendigsten Ruhestunden ununterbrochen fortgesetzt, haben innerhalb zweier Tage Resultate gehabt, die man vorher kaum für möglich gehalten hatte.

c) Endlich wurde noch am 20. Juni Morgens ein Artillerie-Mondirungs-Depot unter Leitung des inzwischen aus dem Bremen’sch eingetroffenen Premier-Lieutenants Bodecker gebildet, indem alle Artillerie-Abtheilungen ihre überflüssigen, von den Compagnieböden geretteten Bekleidungs-Gegenstände in das Depot ablieferten und woraus dann an diejenigen, welche mit diesen Sachen nicht ausreichend versehen waren, das Erforderliche abgegeben wurde.


Am 20. Juni, nachdem entschieden war, daß die Armee von Göttingen in südlicher Richtung aufbrechen sollte, traten in den vorstehend geschilderten Ausrüstungsarbeiten folgende Aenderungen ein:

1. Es wurde eine Munitions-Colonne gebildet. Diese Arbeit und das Commando über die Munitions-Colonne wurde dem Hauptmann von Stolzenberg übertragen, dem der Premier-Lieutenant von Bach und die Mannschaft der 2. Park-Compagniezugetheilt wurden. Beide Officiere haben sich diesem Dienste in einer Weise gewidmet, die nicht hoch genug gepriesen werden kann. Auch die anderen zur Munitions-Colonne commandirten Officiere, Lieutenannts von Uslar und Marcard, haben unausgesetzt den regsten Diensteifer gezeigt.

In Verlauf von wenig über 12 Stunden einen solchen Körper von
14 bepackten Protz-Munitions-Wagen für gezogene 6-Pfünder Kanonen,
4 bepackten Protz-Munitions-Wagen für leichte 12-Pfünder Kanonen,
2 bepackten Protz-Munitions-Wagen für kurze 12-Pfünder Kanonen,
6 bepackten Protz-Munitions-Wagen für 24-Pfündige Haubitzen,
5 bepackten Protz-Munitions-Wagen für Infanterie-Munition,
3 Deckelwagen für Infanterie-Munition,
2 Feldschmieden,
2 Flanderspattern,
2 großen Armee-Fuhrwerken mit Ersatz-Pferdegeschirr zu bilden, ihn unter schwierigen Marsch- und Verpflegungs-Verhältnissen nur mit Vorspannpferden, die mit schlechten Geschirren versehen und an die Gabelbeichsel nicht geöhnt waren, zu bewegen, ohne eine irgend ausreichende Anzahl berittener Vorgesetzte (nur der Hauptmann v. Stolzenberg und der später zur Munitions-Colonne comandirte Lieutenant Havemann mit 3 Unterofficieren waren beständig beritten) und doch alle Hin- und Hermärsche bei Tag und Nacht auf oft steil bergan und bergab führenden Wegen, ohne ein Fuhrwerk, ohne einen Mann zurückzulassen, auszuführen und immer rechtzeitig einzutreffen, das ist eine Leistung, welcher Jeder, der die Schwierigkeiten kennt, hoch würdigen wird.

2. Es wurde aus dem Artillerie-Depot das als nächster Ersatz nach einem Gefechte nicht Erforderliche ausgesondert und em Armee-Train überwiesen.
Dasselbe geschah noch mit 6 theils mit Patronen für Pickelgewehre, theils mit losem Pulver beladenen Armee-Fuhrwerken aus dem bisherigen Pulver- und Munitionspark.

Das Artillerie-Depot dagegen bespannte mit 24 Pferden des Königlichen Marstalls 10 Ersatzgeschütze, nämlich:
2 24-Pfünder Haubitzen,
4 leichte 12-Pfünder Kanonen und
4 kurze 12-Pfünder Kanonen, deren Protzen mit Munition bepackt waren und die von Marstallsdiensten gefahren wurden.
Außerdem wurde in dem Depot alle nicht eingetheilte Artillerie-Mannschaft mitgenommen.

Das Artillerie-Depot blieb unter Befehl des Hauptmanns Comperl, sonst waren dabei an Officieren die Premier-Lieutenants Drewsen, Schmidt, Kaufmann und Bodecker I., Seconde-Lieutenannt Hahse.

3. Die Handwerker-Compagnie unter Premier-Lieutenant Meyer mit Premier-Lieutenant Haccius.

Von der Handwerker-Compagnie waren inzwischen die nöthigen Handwerker zu den verschiedenen Truppenkörpern abcommandirt.

Auch diese beiden (unter 2 und 3 aufgeführten) Abtheilungen der Artillerie haben mit ihren Mannschaften, welche durch die vielen vorangegangenen Arbeiten schon ermüdet waren, die befohlenen Märsche stets in musterhafter Ordnung und ohne einen Mann zurückzulassen, zurückgelegt.


gez. C. v. Stoltzenberg
Oberst und Commandant der Feld-Artillerie.



Fortsetzung des officiellen Kriegsberichtes: Anlage 8.