Romkerhall
Geschichte der Königlich- Hannoveranischen- Kammergut- Staatsdomäne Romkerhall

Der Deutsche Bund 1866

Der Deutsche Bund war ein Zusammenschluss souveräner deutscher Fürstenhäuser und Freien Städten zu einem Bündnis. Dabei verblieben den einzelnen Bundesmitgliedern ihre Souveränität, der Bund als solcher verfügte über keine Staatsgewalt. Auch Österreich war Teil dieses Bundes. Anhand der Karte sehen wir schon rein flächenmäßig, mit welchem Gewicht.

Der preußische Staat war von jeher für sich selbst seinem ausgeprägtem Begehrungsvermögen gefolgt, indem der Zuwachs an Land und Macht zur Maxime machte. Nun war Preußen ja Mitglied des Deutschen Bundes, und in diesem Bund hatte sich auch Preußen, wie die anderen Mitglieder, dazu verpflichtet, jedweden Krieg zwischen den Bundespartnern zu unterlassen. Betrachten wir die Karte, wird deutlich: 1. dass die kleineren Fürstenhäuser sich in einem kriegsausschließenden Bund wohl aufbewahrt wähnten, zu schnell könne eine Okkupation erfolgen; 2.:  Die Landmasse Preußens (hier Hellblau) nicht geschlossen war; 3.: Österreich in diesem Bund einen großen Teil einnahm und zudem recht gut gerüstet war. Preußen benötigte also einen Vorwand, um diese drei Hindernisse zu überwinden, mit dem Ziel, den einzelnen deutschen Ländern ihre Souveränität zu nehmen und den jungen Bundesstaat in einen von Preußen dominiertes Reich umzugestalten. Derweil bekräftigte Wilhelm I. noch den Bund, im Hintergrund waren die Pläne bereits gemacht: Vollkommen konstruierte Vorwürfe werden für den preußischen Staat in der Folge immer wiederkehrend neue Rechtfertigungsgründe sein, der Wahrheitsgehalt steht dabei moralisch nicht Pate und bleibt außen vor. Unter solchen konstruierten Vorwürfen inzeniert Preußen die Anbahnung zum Krieg gegen Österreich. Ziel dieser Handlung waren bereits zu diesem Zeitpunkt, die oben erwähnten drei Punkte, wie wir im Verlauf sehen werden.


Deutschland während des Deutschen Bundes 1815-1866


Das Schicksalsjahr 1866

Dieses Vorgehen setzte zunächst die kleineren deutschen Länder unter Druck, stellte sich doch die Frage, wie sich zu verhalten sei. Die Absprache des Bundes war wie folgt: sollte es, obschon untersagt, zu einem Krieg zwischen Bundespartnern kommen, sei die Neutralität das Mittel der Wahl. Preußen setzte die kleineren Staaten derweil unter Druck, die Wahl zwischen Teilnahme oder Feindschaft, Vasallenschaft oder Untergang. Mit dem Ziel den Bundesstaat im Zusammenhalt zu schwächen und letztendlich mit Zugewinn an Land und Macht aufzulösen, werden Versprechungen gemacht.

Zu diesem Zweck wurde auch seitens der Preußen Georg V. von Hannover das Angebot unterbreitet, das Großherzogtum von Oldenburg, sowie die Grafschaften von Waldeck und von Schaumburg-Lippe zugesprochen zu bekommen, kämpfe er auf der Seite Preußens.


Lage des Königreichs Hannover, Großherzogtum Oldenburg, Herzogtum Braunschweig, Grafschaften Waldeck, Grafschaft Schaumburg-Lippe


Als es schließlich zum Krieg zwischen Preußen und Österreich kam, wurden einige der kleineren deutschen Länder schwach und brachen mit der Neutralität zugunsten des Initiators Preußen. Georg V. von Hannover ging nicht auf die Intrigen der Preußen ein, blieb der Vereinigung treu, das Königreich Hannover verhielt sich neutral, es wurde nicht gerüstet. Das war Bismarck ein Dorn im Auge, schließlich stand Hannover ihm in seiner Absicht im wahrsten Sinne des Wortes im Wege. Daher griff er zu einer Taktik, von der niemand ausgegangen war: der Hinterlist, dem Angriffskrieg gegen den Bundespartner.

Das Bundesrecht untersagte, wie bereits gesagt, den Krieg zwischen den Bundesmitgliedern. Unter diesen Bedingungen erbat sich Preußen den Durchzug von Truppenverbänden durch das Königreich Hannover. Man gewährte dies, unter dem Hinweis der Neutralität, dass dies schnellstmöglich zu geschehen sei. Es kam aber anders, denn ein Durchzug war nie geplant, die Absicht dieses Täuschungsmanövers bestand darin, die Truppen bereits im Land zu haben, bevor der eigentliche Angriff erfolgte. Für die detaillierten Vorgänge verweise ich hier auf:  Onno Klopp: Rückblick auf die preußische Annexion des Königreiches Hannover. Dieser Zeitpunkt war Seitens Preußen bewußt gewählt, da das Königreich Hannover zu dieser Zeit Manöver abhielt. Somit befanden sich die Truppenverbände nicht nur an verschiedenen Orten, sondern, da im Manöver nicht in voller Bewaffnung. Für die detaillierten Vorgänge verweise ich hier auf den offiziellen Kriegsbericht, insbesondere Theil A. Trotz dieser Umstände gelang es der hannöver'schen Armee, eine Ordnug herzustellen, in der man sich der anstehenden Aufgabe stellen konnte.

Unter einem konstruierten Vorwand verlangt Preußen in einer erpresserischen Form die Aufgabe der Souveränität des Königreichs Hannover. Bedenkzeit ein Tag. Preußen droht nun offen mit Krieg, sollte man sich nicht unterwerfen. Diese Provokation diente den Preußen dazu, eine Ablehnung der geforderten Unverschämtheiten zu  provozieren, konnte man doch nichts anderes erwarten. Derweil bezogen die preußischen Truppen, noch vor der Kriegserklärung, unter General von Manteuffel bereits Stellung bei Harburg:

"Noch ehe es zur Kriegserklärung gekommen war, hatten preußische Truppen die Grenzen des Königreiches überschritten, indem das in Holstein zusammengezogene Corps des General-Lieutenants von Manteuffel, - unter der Angabe, eine von der diesseitigen Regierung ertheilte Erlaubniß zur Eisenbahn-Durchfahrt nach Minden benutzen zu wollen, - am 15. Juni Nachmittags mit seiner Advantgarde unter Commando des Generalmajors von Flies Harburg besetzte. Mit Tagesanbruch am 16. Juni war die Division Goeben von Minden aus gegen Hannover in Marsch gesetzt und an diesem Tage bis Stadthagen vorgerückt. Mit dieser Division hielt General Vogel von Falckenstein, der Oberbefehlshaber der zu den Operationen gegen Hannover bestimmten beiden Heeres-Abtheilungen, am 17. Juni gegen Abend seinen Einzug in die Stadt Hannover. Der vermeintliche Durchzug der Truppen war von vornherein nichts minder als eine Täuschung, um eine günstige Position für den vorab geplanten Angriffskrieg zu ermöglichen. Ziel dieses Vorgehens war die Absicht, den Hannoveranern keine Zeit zur Mobilmachung zu geben. Die Hannoveraner Truppen zogen nach Göttingen. Die bei Eisenach vereinbarte Waffenruhe wurde von dem preußischen General Vogel v. Falkenstein gebrochen, als seine Truppen, noch während der Waffenruhe, die Hannoveraner angriff." Zitat aus: Officieller Bericht über die Kriegsereignisse zwischen Hannover und Preußen im Juni 1866 und  Relation der Schlacht bei Langensalza am 27. Juni 1866.

Der preußische Vorwurf  "Hannover" würde für einen Krieg rüsten war nichts weiter als konstruierte Lüge. Der eigene offizielle preußischen Kriegsbericht beschreibt, dass "man Hannover völlig unvorbereitet angetroffen hätte, es wären keine Bestrebungen, wie der Ankauf von Pferden, zur Rüstung unternommen worden".

Die Hannoveraner gewannen die Schlacht bei Langensalza. Nach diesem Sieg musste man jedoch erkennen, gegen eine anrückende Übermacht keinen weiteren Sieg erringen zu können. Nebenbei: dem Herzog von Coburg hat Wilhelm zum Dank, dass er die Hannoveraner aufhielt, einen Wald geschenkt, wie tief kann man nur sinken? Da der König Georg V. von Hannover es nicht mit seinem Gewissen verantworten konnte, die treuen Hannoveraner Truppen einem solchen Gemetzel auszusetzen, wurde beschlossen, die Capitulation anzunehmen.

Darstellung: Die gefallenen Offiziere der Königlich- Hannover'schen- Armee bei der Schlacht von Langensalza

Die gefallenen Offiziere der Königlich- Hannover'schen- Armee bei der Schlacht von Langensalza


Um eine bestmögliche Position für Verhandlungen einnehmen zu können, ging Georg V. nach Wien. Das sich ein Ende zwischen dem Preußisch-Österreichischen Krieg anbahnte, wurden dort die Verhandlungen eröffnet. Georg V. von Hannover war um Friedensgespräche bemüht. Das entsprechende Schreiben, indem König Georg V. dies gegenüber dem König von Preußen anbot, wurde von diesem jedoch nicht angenommen.

Am 20. September 1866 erklärt der König von Preußen das Königreich Hannover als in seinen Staat einverleibt. Begründet wird dieser rechtswidrige Akt damit, das man den Krieg gewonnen hat. Einen Krieg hat es in diesem Sinne jedoch nicht gegeben, da es sich um eine vertragswidrige Okkupation handelte und die Hannoveraner lediglich Notwehr leisteten. Selbst eine gerechtfertigte Eroberung hätte einen Krieg nach den Prinzipien des Völkerrechts erfordert, was nicht der Fall war.

Dieses Unrecht wurde von Bismarck selbst mehrfach bestätigt:


"Daß wir das Recht nicht haben, wissen wir!

Aber wir haben die Macht, und die gebrauchen wir!"

Bismarck auf eine Anfrage des Vorsitzenden der deutschen Zentrumspartei, Ludwig Windthorst,
ob die Annexionen von Hannover und Hessen-Kassel, Nassau und der Freien Stadt Frankfurt nicht unrechtmäßig seien.


Aus einem Brief Seiner Majestät König Georg V. von Hannover an die Königin Marie vom 1. August 1866 geht hervor, dass einer der Gründe des Vorgehens des Königs von Preußen und Bismarcks von vornherein als territorialer Zugewinn geplant war: "(...) Aus der Staatskanzlei ist mir zur Kenntniß gekommen, daß, als die Österreichschen Unterhändler bei Bismarck den Versuch machten, die Integrität des Hannoverschen Staatsgebietes zu vermitteln, dieser in der höchsten Aufregung aufgefahren und ausgerufen:


"Dafür habe er mit den Krieg gemacht, um eine unmittelbare Verbindung zwischen den östlichen und westlichen Landestheilen des Preußischen Staates zu erlangen, und wenn Österreich die Integrität Hannovers verlange, so würde er den Krieg mit Österreich fortführen." (...)"


Das Vorgehen des Königreichs Preußen bot mit Hochverrat, moralisch und völkerrechtlich unrechtem Handeln, Gewalt, Raub und Hinterlist die ganze Breite eines egoistisch handelnden hegemonischen Staates.

König Georg V. von Hannover hat nach der unrechtmäßigen Annexion des Königreiches Hannover durch den König von Preußen nicht auf den Thron verzichtet. Im österreichischen Exil wandte er sich an die europäischen Mächte und forderte das ergangene Unrecht wiedergutzumachen. Hier entstand am 23. September die Protestnote des Königs von Hannover, gerichtet an die europäischen Mächte gegen die Einverleibung seines Landes durch den König von Preußen.

König Georg V. von Hannover sah voraus, wie sich das unrechte Verhalten langfristig auswirken würde, sollte nicht Einhalt geboten werden. So fleht er in seinem Protest förmlich um Vernunft und Einsicht:


"(...) Wir rufen die Unterstützung aller Mächte an, welche unsere Souveränität und die Unabhängigkeit unseres Königreiches anerkannt haben, in der Überzeugung, daß diese niemals Macht vor Recht gehen lassen werden. Denn ein derartiges Prinzip, wie es heute von Preußen angewendet wird, müßte in Zukunft die Existenz aller Monarchien und aller legitimen Staaten der Welt bedrohen. (...)"


Wie bitter sollten später die europäischen Mächte, insbesondere Großbritanien und Frankreich ihr politisch impotentes Handeln, ihre Feigheit und ihr Desinteresse bereuen!




"Annektieren" bedeutet: "Gewaltsam und widerrechtlich in seinen Besitz bringen." Vom Lateinischen: "annectere", was: "anbinden", "anknüpfen" bedeutet.  Unter einer "Annektion" verstehen wir "eine erzwungene Eingliederung eines bis dahin unter fremder, eigenständiger Hoheit stehenden Territoriums mit der Absicht einer endgültigen Eingliederung". Die "Okkupation" geht der "Annexion" voraus. Mit der Übernahme der territorialen Souveränität über ein besetztes Staatsgebiet wird das bis dato fremde Staatsgebiet vereinnahmt.

Ein Staat, der "unter völkerrechtswidriger Anwendung militärischer Gewalt" oder "anderer Arten von Zwängen" agiert, wird "Agressor" genannt. Darunter zählt auch der Vorgang des "Eindringens" oder des "Angriffs durch bewaffnete Streitkräfte eines Staates auf das Territorium eines anderen Staates", die "militärische Okkupation oder Annexion des Territoriums eines anderen Staates" oder die "Blockade von Küsten und Häfen".